Pedro Miguel da
Silva Duarte liebt die Menschen. Am liebsten hat er ganz viele. Der
Festbeauftrage des Lissabonner Stadtteils Bica kann es gar nicht erwarten, bis
sich, in einer heißen Juninacht, 5000 von ihnen durch die Gassen vor seinem
Büro pressen werden, wie ein ins Leben wollendes Baby. Ganz Bica liegt am Hang,
wie so vieles in Lissabons Altstadt und die Calçada da Bica Grande
ist eines ihrer steilsten Exemplare. Die Sprunggelenke stehen auf Anschlag.
Auf dem Plateau vor seinem Büro werden sie den Kuchen verkaufen und das
kalte Bier. Der Schichtplan für jene Juninacht ist schon gemacht. Es wird jemanden
geben, der Biermarken ausgibt und einen, der das Zeug dann ausschenkt. Die
Sardinen braten weiter hinten. Es wird brütend heiß sein, wie immer, aber
das Bier wird fließen, so wie es immer geflossen ist, kalt und gold und billig.
Der Zapfhahn wird das Treiben, bis runter zur Straße, schon am Tropf halten. Für
die Treppenstufen, von der Straße zu seinem Büro, braucht Pedro Duarte in allen
anderen Monaten des Jahres keine 30 Sekunden. In dieser einen Juninacht jedoch,
kann es schon mal eine gute Stunde werden. Mit Sicherheitspersonal und
Bengalos. Dann geht gar nichts mehr. Nur in Rauch gehülltes Gemenge und
Gedränge. Die Sardinenerfahrung, nennt Pedro Duarte das [...]
Erschienen in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 02.Juni 2019
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