Es ist ein Leichtes, dieses
Motorradrennen als Schauergeschichte zu erzählen. Start- und Ziellinie
liegen nahe dem Friedhof. Graue Gedenktafeln, auf denen die Namen der
Verunglückten stehen. In 111 Jahren „Isle of Man – Tourist Trophy“ nur
ein einziges Jahr ohne Tote. Das war 2001, als das Rennen nicht
stattfand, weil die Maul- und Klauenseuche gefährlich genug war. Die
weiteren Fakten liegen auf der Straße, kleben an Bäumen, sind unter
Statistiken und Ehrenrunden begraben. Oder sind im Unterschenkel von
John McGuinness zu finden. Für die vergangenen elf Monate umgab ihn nach
einem Unfall im Training ein eiserner Käfig, der sein Schienbein in die
Länge zog, um Knochenwachstum zu stimulieren. Tag für Tag drehte er an
Stellschrauben, erhöhte die Spannung. 15 Millimeter sind bisher
nachgewachsen, dann brach auch der nachgewachsene Knochen und
McGuinness, der sein Leben am liebsten mit 300 Kilometern pro Stunde
verbringt, musste sich wieder setzen.
Artikel erschienen in F.A.Z - Samstagsausgabe (09.06.2018)
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