Kaiserslautern, Karlsruhe oder München - Hauptsache Deutschland. Dass ihre Zukunft am anderen Ende der Welt stattfinden soll, steht für Wang Yi-Chin fest. An welcher Uni, das ist für die Taiwanerin zweitrangig. Hauptsache, sie und ihr Freund Huang Po-Kai finden einen passenden Masterstudiengang für Finanzmathematik. „An der TU Kaiserslautern haben wir uns schon beworben und warten auf Rückmeldung. Das Karlsruher Institut für Technologie ist auch interessant", sagt Yi-Chin und deutet in Richtung eines Standes, wo die beiden Bacherlorstudenten heute schon Prospekte und Informationen gesammelt haben. Gerade hatten sie ein längeres Gespräch mit einer Vertreterin der TU München. Was sind die Zugangsvoraussetzungen und Fristen, welche Dokumente müssen sie vorlegen? Die Auswahl ist groß: Mehr als 20 deutsche Hochschulen werben auf der europäischen Bildungsmesse in Taiwans Hauptstadt Taipeh um Studenten wie die beiden 22-Jährigen.
„München ist interessant, weil da zum Beispiel die Allianz sitzt", sagt Po-Kai. Er will Versicherungsmathematiker werden und denkt schon an Praktikumsmöglichkeiten. Dabei ist er noch nie in Deutschland gewesen. Und die Sprache? „Muss ich noch lernen." Anders als Yi-Chin, die Deutschland vor zwei Jahren bereiste und inzwischen das Sprachniveau B1 hat. In der Definition dazu heißt es unter anderem: „Kann Träume, Hoffnungen und Ziele beschreiben."
Nicht nur sie träumt von Déguó, wie Deutschland auf Chinesisch heißt. Obwohl von Belgien über Großbritannien bis Ungarn zehn weitere Länder ihre Stände auf der European Education Fair aufgebaut haben, ist Deutschland hier seit einigen Jahren am meisten nachgefragt. Wirtschaftlich stark, gerühmt für seine Ingenieursausbildung und technischen Studiengänge, und dann auch noch fast frei von Studiengebühren - kein Wunder, dass viele Menschen ihre Hoffnungen dort wahr werden lassen wollen. Laut dem Bericht „Wissenschaft weltoffen", erstellt vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und dem Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung, studierten 2017 mehr als doppelt so viele Taiwaner wie zehn Jahre zuvor im Land der Schweinshaxe. Das vermeintliche Nationalgericht ist die erste Assoziation vieler Taiwaner, wenn sie „Deutschland" hören. Wer hier auf der Bildungsmesse unterwegs ist, mehr als 10.000 Menschen sind das in diesem Jahr, hat aber anderes im Kopf.
(mehr...)