Am Sonntag war in den USA Martin Luther King Day. Viele Städte feierten den Pastor und Aktivisten mit Festumzügen. In South Los Angeles beteiligten sich an der Kundgebung auch Demonstranten, die unter dem Motto "Black Lives Matter" gegen Rassismus und Unterdrückung protestierten - aus aktuellem Anlass.
20 Grad und Sonnenschein. Mehrere 10.000 Zuschauer am Straßenrand. Sie feuern Bands lokaler Schulen an, schwingen ihre Hüften im Takt, kaufen bei Straßenhändlern Hot Dogs und frittiertes Gebäck. Allerdings: vergitterte Fernster und Türen, vernachlässigte Vorgärten und misstrauische Blicke auf patrouillierende Polizisten sind Zeichen dafür, dass hier in South Los Angeles Kriminalität und Armut nach wie vor zum Alltag gehören - genauso wie Spannung zwischen Bewohnern und Polizei. Im August erschossen Polizisten ein paar hundert Meter südlich einen unbewaffneten jungen Schwarzen.
"Black Lives Matter" -"Schwarze leben zählen" steht auf Schildern einer Gruppe von etwa 60 afroamerikanischen Männern. Sie sind ein scharfer Gegensatz zum bunten Treiben rundherum: schwarze Anzüge, weiße Hemden, ernste Gesichter. Jurastudent Seth Fawler marschiert in der zweiten Reihe.
"Es ist unglaublich zu erkennen, wie wichtig Gesetze sind und wie lässig sie beiseite geschoben werden, wenn es um schwarzes Leben geht. Michael Brown in Furgeson, Eric Garner in New York, Ezell Ford in Los Angeles. Das System funktioniert nicht. Polizisten sollten sich genauso verantworten müssen wie Zivilisten. Ich bin froh, dass diese Forderungen mehr Aufmerksamkeit bekommen und dass ich dazu beitragen kann."
Deborah klatscht zustimmend. Die Mittsechzigerin im braunen Kostüm hat Rassentrennung zum ersten Mal erlebt, als sie Verwandte in Louisiana besuchte. In Los Angeles, wuchs sie in einem jüdischen Viertel auf. Ihre Eltern haben afroamerikanische, indische und mexikanische Vorfahren. Bis sie in Südstaaten als Nigger beschimpft wurde und ihre Großmutter ihr einen Baum zeigte, an dem ein schwarzer Junge gehängt wurde, wusste sie nicht, was Rassismus bedeutet.
"Ich kam verbittert aus dem Süden zurück. Diese Schimpfworte! Nicht nur gegen mich, auch gegen Asiaten und andere. Ich habe das nicht ausgehalten und nicht verstanden. Dass nach all dem nun so viele Nationalitäten hier in Los Angeles vertreten sind, ist wunderbar!"
LaRisha Franks erklärt: Die Älteren, die die Bewegung vor 50 Jahren miterlebt haben sind wichtige Mentoren und Zeugen von Geschichte:
"Wer die Nachrichten verfolgt weiß, dass es viel Aufruhr und Frust unter den Jungen gibt. Die ältere Generation lehrt uns die Prinzipien, für die Dr. King stand: Fordere deine Rechte ein, sage Deine Meinung und so weiter. Das Gute ist: Die Bewegung für Grundrechte scheint neuen Schwung zu haben."