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Verpackungsdesignerin: Nur die Hülle zählt

Vor allem die inneren Werte zählen? Nicht für Sarah Ziller - sie ist Verpackungsdesignerin und hat Margarine, Bier, Gefriertüten neue Oberflächen gegeben. Ihr Job beschäftigt sie sogar im Urlaub. Und ruft schon mal Detektive auf den Plan.

Sarah Ziller, 33, zieht es im Urlaub nicht zuerst an den Strand. Sie geht lieber in den nächsten Supermarkt. Dort drückt sie sich vor den Regalen herum, nimmt Produkte in die Hand, um sie von allen Seiten zu begutachten. Manchmal so lange, bis sie von einem Detektiv angesprochen wird.

Ziller sucht nach schönen und ungewöhnlichen Verpackungen, die sie mit nach Hause nimmt und in ihrer Küche aufstellt. Als Verpackungsdesignerin ist sie eine von rund 130.000 Beschäftigten der bundesdeutschen Designwirtschaft. Seit acht Jahren arbeitet sie bei Ropelius. Egal ob Margarine, Geflügelwurst, Frischhaltefolie, Kaffee oder Essig - bei der Hamburger Agentur dreht sich alles um Produkthüllen.

Ziller ist Kreativdirektorin der Agentur und leitet ein sechsköpfiges Frauenteam. Jeden Tag arbeiten die Designerinnen an den Hüllen der unterschiedlichsten Produkte. Im Team tragen sie Ideen zusammen, begutachten die Konkurrenzprodukte. Ihre Skizzen entwickeln sie am Rechner weiter und präsentieren dem Kunden die Ideen.

Die Margarine, das war ich

Schon im Studium am Institute of Design in Hamburg bemerkte eine Dozentin, dass Ziller ein Händchen hat für Formen, Farben und die kleinen Details, die eine gute Verpackung ausmachen. "An dem Job mag ich die Mischung aus Grafik, Design und konzeptionellem Denken", sagt Ziller. Und: "Ich finde es toll, meine Verpackungen im Supermarkt zu entdecken."

Drei Wege führen in den Job, erklärt Iris Laubstein vom Verband Deutscher Industriedesigner: die Kunsthochschule mit Schwerpunkt Industrie- oder Produktdesign, das praktisch orientierte FH-Studium oder der Gang an eine Privatschule für Design. Zwar ist künstlerische Arbeit für viele Einsteiger der Ausgangspunkt, aber der Arbeitsalltag ist der eines Dienstleisters, so Laubstein: "In dem Beruf geht es weniger um Selbstverwirklichung als um die Auseinandersetzung mit dem Kunden." Da müsse man genau zuhören, um ein guter Designer zu sein. "Der persönliche Geschmack spielt keine große Rolle. Das sollte man vor dem Studium wissen."

Manche Verpackungsdesigner machten ihre Kreationen berühmt. Wie der Hamburger Peter Schmidt, der es mit einem Parfum-Flakon für Jil Sander ins Museum of Modern Art in New York schaffte. Sarah Ziller hat unter anderem Rama und Toppits verpackt, ihren größten Erfolg hatte sie mit dem Relaunch der traditionellen Hamburger Biermarke Holsten. Den gesamten Auftritt habe sie überarbeitet und die Marke in monatelanger Arbeit vom Altherren-Touch befreit, erzählt sie.

Manchmal erkennt der Kunde sein Produkt nicht wieder

So glatt wie mit dem Bier läuft es aber nicht immer. "Manchmal erkennt der Kunde bei der Präsentation sein Produkt nicht wieder, weil wir es zu modern gestaltet haben. Wenn wir ihn dann davon nicht doch überzeugen können, müssen wir alles neu machen. Es ist auch nicht schön, wenn ein Produkt zum Ladenhüter wird und man die Verpackung dafür verantwortlich macht", sagt sie.

Während Sarah Zillers Welt um Alltagsprodukte kreist, die ein neues Gesicht bekommen, geht es im Berufsalltag von Erika Michel, 29, ums Praktische. Sie gestaltet intelligente Produkthüllen. "Ich habe mich schon immer über schlechte Verpackungen geärgert. Folien, die unkontrolliert aufreißen oder kaum zu öffnen sind, Kosmetik, die nicht restentleert werden kann. Das wollte ich ändern", sagt sie.

Heute arbeitet Michel beim Mittelständler Oekametall in Bamberg, der komplette Lippenstifte oder Mascara-Hüllen für Kosmetikriesen wie Lancome, Nivea oder Astor entwirft. Sie begleitet ihre Projekte von der Anfrage bis zur Serienfertigung. Zwei Wochen dauert es, eine simple Faltschachtel zu entwickeln, manchmal tüftelt sie Jahre an einem Lippenstift- Applikationssystem. Am meisten Zeit kosten die Feinabstimmung der Komponenten, die Qualitäts- und Kompatibilitätstests und die juristischen Freigaben.

Mit Kunst hat ihr Beruf wenig zu tun, aber mit Kreativität. "Ästhetik", sagt Michel, "das sind für mich mechanische Bewegungen, Oberflächenstrukturen, Beschichtungen oder Materialkombinationen."

KarriereSPIEGEL-Autorin Katja Kasten arbeitet als freie Journalistin in Hamburg.

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