1 subscription and 4 subscribers
Apostile

Runter vom Sofa - Sommerfrische

Ich wollte ja eigentlich von der Sommerfrische erzählen – oder Urli, wie das 100 Jahre später heißt, was ich prinzipiell begrüße, in diesem Fall jedoch gerne beim traditionellen Wort bleiben möchte, denn es hat sich alles rundum ganz und gar so angefühlt: Flucht aus der stickigen Stadt aufs frische Land, dort lustwandeln zwischen Bergen, Tälern und Seen auf Spuren König Ludwigs und zugegebenermaßen einem gerüttelt Maß an Touristen. Anders gesagt: Ich war eine Woche im Allgäu, um einmal wieder durchatmen zu können im wahrsten Wortsinne, weil während daheim nämlich „Fenster auf – Baustellendreck“ war dort „Fenster auf – Heumaht“, und stinkt, pardon, die Stadt halt schon gewaltig dagegen ab, und während mir daheim jetzt grad beim Schreiben morgens um acht Uhr schon die Ohren klingen wegen einer großen Baumaschine, bimmeln im Allgäu höchstens die Glocken der glücklichen Kühe. Also ohne das jetzt überromantisieren zu wollen – es war irrsinnig schön, und am liebsten tät ich sogleich wieder fahren oder gar nicht erst weggewesen sein. Letzteres vielleicht sogar noch lieber, denn dann hätte ich eine Chance, mir den schlimmsten größten Urlaubsstress zu ersparen, der mich umtreibt, seitdem ich weiß, dass 1. „Urlaub“ im Gegensatz zu „Sommerferien“ auch mal ein Ende hat, 2. dieser zudem eigenes, sauer verdientes Geld kostet und 3. im vergleich zum Schulmodell relativ selten sich ereignet: die Angst vor dem letzten Tag. Die Angst vor dem letzten Tag beschäftigt mich spätestens ab dem Moment der Ankunft am Zielort, meist jedoch bereits beim Packen, denn schließlich wird einem dabei bewusst, dass man in vergleichsweise kurzer Zeit vergleichsweise viel vor hat und dafür drölf verschiedene Taschen organisiert. Eine Bade-Tasche für die bräsigen Tage am See, eine Wander- und Outdoor-Active-Tasche für die supersportiven Tage zwischen Höhenmetern und Langstrecken, eine Urban-Chic-Tasche für die lässigen Stadtbesichtigungstrips sowie die Gemütlichkeitstasche für auch einfach mal nur in der FeWo rumhängen. Solcherart bebündelt fährt man los, das Auto krümmt sich unter der Last des Gepäcks, die Seele unter der des Erwartungsdrucks, und noch bevor man am Zielort angekommen ist – ein Idyll aus duftenden Wiesen, hölzernen Prachtbauten und Geranienwolken – perlt die erste Träne gestressten Schweißes von der angespannten Stirne, und steigt man aus dem Auto, so ist das Türenschlagen sogleich Startschuss für die Urlaubsarbeit: Man hat so viel zu tun! Die Urlaubsuhr macht ticktackticktack, und ehe du dich’s versiehst ist eine Woche schon vorbei – nicht auszudenken, man hätte bis dahin nicht alles erlebt, was man erleben wollte! Nach sieben Tagen sinkt man völlig ermattet auf sein heimisches Bett und lässt sich vom Baustellenlärm sanft in den Schlaf wiegen. Vielleicht doch lieber gleich daheimbleiben – oder einfach sofort wieder losfahren … ?