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Apostile

Runter vom Sofa - Postklingeln

Vorhin hat es bei mir geklingelt. Das ist nicht weiter ungewöhnlich, schließlich lebe ich in einem sehr klingelintensiven Haus, und irgendwo steht geschrieben, dass jeder, der in ein Haus etwas bringen oder darin verrichten muss, möglichst zu der Zeit kommt, in der sich möglichst wenige Menschen darin aufhalten, so dass diejenigen, die sich tagsüber relativ viel darin aufhalten (ich, arbeitend), möglichst oft aufstehen und eine Tür öffnen müssen. Das hat ja auch was Gutes für sich, sitzen ist das neue Rauchen und so komme ich zu meiner kleinen Bewegungseinheit mehrfach pro Stunde. Briefträgerin: klingelt. DHL: klingelt. DPD: klingelt. Anderer Postzustellungsdienstleister: klingelt. Hermes: klingelt, rennt dann aber schnell wieder weg. Hausmeisterdienst: klingelt. „Werbung!“: klingelt. UPS: klingelt nicht, behauptet das aber hinterher …  Ihr seht schon – mir wird’s nicht fad, und weil garantiert immer irgendwer was bestellt hat und dann aber lieber nicht daheim ist, um die Ware in Empfang zu nehmen, klingelt’s bei mir, Ihrem persönlichen Päckchenannahmecenter, noch ein bisschen häufiger. In den spezialseltenen Fälle, in denen ich selbst eine Sendung erwarte, klingelt es: nicht. Man hat am Vortag bereits eine Mail erhalten vom Zustelldienst über eine erfolgreiche Verladung ins Zustellfahrzeug und ergo Lieferung „zwischen 8.15 und 10.30 Uhr“, so wie man am Vorvortag bereits über eine Ankunft der Sendung beim Zustelldienst erhalten hat sowie am Vorvortag eine erfolgte Übergabe der Ware an denselben und so weiter und so fort, man kann also nicht sagen, man wär nicht vorbereitet auf den Erhalt. Am Lieferungstag stellt man sich also den Wecker auf 7 Uhr, denn man hat gelernt, dass es sich bei den Zeitangaben nur um ungefähre handelt. Dann wartet man. Und wartet. Und wartet. Es klingelt! Post für den Nachbarn. Man wartet und wartet und war… es klingelt! „Werbung!“ Es ist mittlerweile 10.15 Uhr, man hat weder geduscht noch gegessen geschweige denn sich auf die Toilette getraut, langsam wird es unangenehm, aber „Ihr Paket befindet sich im Zustellfahrzeug und wird innerhalb der kommenden 15 Minuten bei Ihnen eintreffen. Verfolgen Sie ihre Sendung jetzt live!“ Jetzt (Lifehack für alle): F5, F5, F5 … sitz ich da mit verknoteten Beinen, Fliegenschwärme umkreisen mich, ich habe nichts gegessen, kaum getrunken, aber bitte bitte lass mich das Paket nicht versäumen, kein Mensch weiß, wohin es dann gebracht wird und wann!! … Mit letzter Kraft schleppe ich mich auf die Toilette, denn jetzt habe ich so lange gewartet, es kann gar nicht sein, dass der DHL genau in dem Mom…DINGDONG!! Verdammt! In größter Eile verrichte ich meine Notdurft und sprinte mit aus dem Hosenbund wehendem Klopapier an die Tür, reiße sie auf und PLING erhalte eine Email: „Leider konnten wir Ihr DHL Paket nicht persönlich übergeben. Es wird für Sie in eine Filiale geliefert“ und zwar in die am weitesten entfernte auf der ganzen Welt, wo es dann morgen irgendwann abholbereit ist.