Eine Historikerin aus Nürnberg schreibt einen Zukunftsroman
in Amerika: Mit „Wiederkunft“ veröffentlicht Dr. Sylvia Taschka ihren ersten
Roman und verlässt damit Schreibgewohnheiten und wirft Fragen auf. Grund genug,
da mal nachzuspüren.
Im Jahr 2187 bestimmen Wasserknappheit und Wetterextreme den Alltag in den noch
bewohnbaren Teilen der Erde, wo die brillante Klimatologin Elli Pryce
zurückgezogen in der greeneuropäischen Hauptstadt Berlin lebt und sich lieber
um einen kleinen Jungen kümmert als um ihre Beraterstelle bei der Regierung
Nothernamericas, das seit einem Bürgerkrieg in den USA neben Great America um die
Macht im gespaltenen Land ringt … Sehr hoffnungsfroh klingt sie nicht, die
Reise, auf die Sylvia Taschka uns mitnimmt. In all ihrer Dystopie aber
hochaktuell und in aller literarischen Tradition der Heldenreise dank Elli
Pryce doch eine Mutmachergeschichte – und aber eine Zukunftsreise, die doch
eigentlich im Gegenteil steht zu dem, was Historiker gemeinhin beschäftigt:
Vergangenes. „Das ist wahr“, so Sylvia Taschka. „Andererseits wird man gerade
als Historikerin immer wieder um Zukunftsprognosen gebeten. Schließlich hoffen
wir ja alle, dass wir aus unserer Vergangenheit lernen und eine bessere Zukunft
gestalten können.“ Vergangenheit und eigene Zukunft spielen auch bei der
Historikerin eine große Rolle. 1974 geboren und aufgewachsen im Nürnberger
Stadtteil Moorenbrunn promovierte sie in Geschichte und wirkte „bei dem
großartigen Verein Geschichte für alle“ mit – ein Engagement, das sie erst zu
ihrem künftigen Mann und mit diesem später nach Amerika führte, wo die
Historiker-Familie heute in Michigan lebt. Hier hält Sylvia Taschka Vorlesungen
über europäische und Weltgeschichte und forscht derzeit über die „Neue Rechte“
und deren Verhältnis zu Ökologie und Klimawandel, schreibt für die
Non-Profit-Nachrichtenorganisation „The Conversation“ Artikel und geschichtliche
Sachbücher. Gleichwohl Sylvia Taschka bereits einen deutschen Gedichtpreis
gewonnen hat, stehen lyrische Texte bislang nicht oben auf der Tagesordnung.
Bis „vor einigen Jahren morgens plötzlich die Idee für ‚Wiederkunft‘ kam“ und
sofort aufgeschrieben wurde. Neben allen anderen Verpflichtungen einen knapp
400 Seiten langen Roman zu verfassen – das dauert, und umso glücklicher die
Fügung, als nach vielen vergeblichen Versuchen eine Literaturagentur zu finden der
Detmolder Prinzengarten-Verlag Interesse bekundete. Frisch gegründet zwar, doch
der Verleger „war selbst Historiker. Das habe ich als Wink des Schicksals
verstanden und direkt zugesagt.“ Denn bei aller Dystopie und Fantasy ist
„Wiederkunft“ doch vor allem das Werk einer Frau, die sich nicht nur seit
vielen Jahren intensiv mit der Geschichte beschäftigt, sondern auch als
engagierte Aktivistin persönliches Engagement in der Umweltpolitik verarbeitet,
die sich in ihren Deutschland-Jahren so mit den Grünen verbunden fühlte wie sie
aktuellen Entwicklungen in den USA mit Fassungslosigkeit begegnet. „Als ich
nach Amerika zog, war ich wirklich geschockt, wie wenig Umweltbewusstsein dort
im Vergleich zur deutschen Gesellschaft existierte, und zwar in allen
Altersgruppen. Und dann noch diese unsäglichen Leugner des Klimawandels, die es
in den USA so viel mehr als in Deutschland gab und gibt.“ All das, sagt Sylvia
Taschka, „spielt eine große Rolle dabei, wie ich die Welt am Ende des 22.
Jahrhunderts beschreibe, vor allem die Spaltung der USA. Deswegen gehört mein
Roman nicht nur ins Genre Science-Fiction und Urban Fantasy, sondern auch in
das neue Climate-Fiction Genre.“ Topaktuell also, und vielleicht weniger ein
Mutmacher-Roman als vielmehr ein Aufrüttler. Eine bleibt aber vom
Zukunftsszenario verschont: „Meine geliebte Heimatstadt Nürnberg spielt in ‚Wiederkunft‘
keine Rolle. Aber ich habe vor weiterzuschreiben und könnte mir gut vorstellen,
dass es in meiner Zukunft einen Nürnberg-Thriller oder ähnliches geben wird.“
Sylvia Taschka „Wiederkunft“, 362 Seiten, Detmold 2022, ISBN 978-3-89918-507-2, Buch 14,90 Euro, E-Book 4,99 Euro
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