10 subscriptions and 11 subscribers
Article

Von wegen John Wayne

Bild: Jutharat Pinyodoonyachet/NYT/Redux/Laif

Im Jahr 1990 spielte der Schauspieler Michael J. Fox eine seiner Paraderollen. Als Marty McFly reiste er in „Zurück in die Zukunft III" in das Jahr 1885, mitten in den Wilden Westen. Dort tauchte er in einem rosa-blauen Hemd auf, mit roten Stickereien, Perlenknöpfen und pastellgelben Fransen. Dazu eine rote Hose und weiße Turnschuhe, seine gemusterten Cowboystiefel hatte er nämlich unterwegs verloren. Trotzdem war sein Erscheinungsbild auffällig bunt, inmitten all der schlicht gekleideten „echten" Cowboys, mit denen er es zu tun bekam.


Wäre Fox alias McFly in die andere Richtung gereist und im Sommer 2023 gelandet, würde er in seinem bonbonfarbenen Western-Outfit kaum auffallen. Der Cowboy-Stil hat die Popkultur erobert, wieder einmal, und er kommt so gewaltig, bunt und glitzernd daher wie lange nicht mehr. Passend zum Erfolgsfilm des Jahres, „Barbie", gingen Fans nicht nur in Pink ins Kino, sondern auch hier und da mit Cowboyhüten auf dem Kopf. Auch Barbie und Ken kleiden sich nach ihrer Ankunft in der echten Welt neu ein. Sie entscheidet sich für ein knallpinkfarbenes Ensemble aus Schlaghose, Weste und Halstuch zum weißen Cowboyhut, an seinem schwarzen Hemd flattern weiße Fransen. Er trägt dazu einen weißen Hut, weiße Cowboystiefel und ein pinkfarbenes Halstuch.


Bei Konzerten von Taylor Swift und Harry Styles gehören Western-Accessoires ebenfalls zu den Requisiten des Publikums, vor allem Cowboyhüte sind allgegenwärtig. „Die Harries tragen sie zu Federboas", stand dazu im britischen Magazin „The Face". Und weiter: „Die Swifties kombinieren sie zu Cowboyboots." Die Fans eifern ihren Idolen nach: Sowohl Styles als auch Swift (die ihre Karriere mit Countrymusik begann) traten immer wieder im Cowboy- und Cowgirl-Look auf.


Nur eine überstrahlt - wie so oft - alle: Beyoncé. Auch bei der Cowboy-Couture hängt sie die Konkurrenz ab. Für die Ankündigung ihrer aktuellen „Renaissance"-Tour posierte die Texanerin im Frühjahr mit einem Cowboyhut, der wie eine Discokugel mit unzähligen Spiegelplättchen versehen ist. Innerhalb weniger Stunden avancierte der Hut zum Bestseller auf der Verkaufsplattform Etsy, wo ihn Beyoncés Stylistin 2022 entdeckt haben soll. Mittlerweile sind im Netz sowohl Kopien zu finden als auch Anleitungen, wie man einen solchen Hut selbst macht. Praktisch für all jene, die zwar Tickets für die letzten Konzerte von Beyoncés Tour, aber noch keinen Glitzerhut haben. Gerade erst ließ sie ihre Fans auf ihrer Website wissen, dass sie sich zu ihrem Geburtstag am kommenden Montag wünsche, „mit euch in euren fabelhaftesten Silberoutfits zu feiern!".


Abseits von Konzerten und Kinosälen scheint der Trend ebenfalls angekommen zu sein: Auf Tiktok und Instagram liefern Suchbegriffe wie „coastal cowgirl" oder schlicht „cowgirl" Millionen Ergebnisse. Modemagazine zeigen Anleitungen für lässig-sommerliche Western-Outfits. Auf Musikfestivals wie jenem in Glastonbury tauschte im Juni so mancher Fan die eigentlich obligatorischen Gummistiefel gegen Cowboyboots. Und auch auf den Laufstegen ist der Look ein Thema: Die Luxusmarke Bottega Veneta aus Mailand setzt in der Sommerkollektion 2023 auf Schuhe mit Cowboy-Silhouette und Karohemden, Ganni aus Kopenhagen auf Jeanswesten und Kleider zu Cowboystiefeln.


Noch offensiver geht der New Yorker Designer Ralph Lauren in seiner Kollektion für diesen Sommer vor: Mit hochgeschlossenen Blusen, langen Rüschenröcken, Fransenjacken, Denim-Anzügen, Karohemden, Gürtelschnallen mit Rodeoreiter-Emblem und natürlich Cowboyhüten setzt er sich selbst eine Art Denkmal. Schließlich feierte der heute 83 Jahre alte Designer schon Ende der Siebziger mit seiner ersten Western-Kollektion große Erfolge - und das, obwohl er eigentlich der Mann für den Ostküsten-Look ist. Was damals ein Bruch mit den Konventionen der Luxusmode war, wirkt heute fast wie ein modisches Schwelgen in Prärie-Nostalgie.


Das geläufige Bild des Cowboys ist oft verkitscht und idealisiert. Das liege zum Teil an den Wildwestshows von Buffalo Bill alias William Frederick Cody, heißt es in „Silhouettes“, einem Podcast über Modegeschichte . Die Aufführungen stehen heute wegen ihrer Ähnlichkeit zu „Völkerschauen“ in der Kritik. Im späten 19. Jahrhundert gastierten sie auch in unseren Breiten, zum Beispiel in München, Braunschweig und Bremen.


(...)


Original