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Queere Frankfurter Initiative: Ein Grundgesetz für alle?

Von Kopf bis Fuß bunt angemalte Männer, dazu Dragqueens in schillernden Pailletten und jede Menge Regenbogenflaggen. Das ist der Frankfurter Christopher Street Day im Sommer 2020. Unter den Demonstrationsteilnehmern befindet sich auch Christian Gaa. Der 27 Jahre alte Aktivist hält ein Schild hoch. Darauf steht: „Grundgesetz für alle!" Die semantische Ähnlichkeit zur „Ehe für alle" kommt nicht von ungefähr. Gaas Forderung ist Teil einer deutschlandweiten Kampagne mit Dreh- und Angelpunkt in Frankfurt. Fast 30 queere Organisationen haben sich seit Februar zu einem Runden Tisch namens „Ergänzung Artikel 3 GG" zusammengeschlossen. Als queer bezeichnen sich Menschen mit einer anderen als der heterogenen Geschlechtsidentität. Sie fordern eine Erweiterung von Grundgesetzartikel 3, Absatz 3, dem Diskriminierungsverbot. Das Vorhaben steht und fällt mit der Frage, wie viele Merkmale das Diskriminierungsverbot nennen sollte.

„Grundgesetz für alle" fordert die Ergänzung des Artikels um die Merkmale der sexuellen und der geschlechtlichen Identität. Damit unterstützt die Kampagne einen Gesetzesentwurf der Oppositionsparteien FDP, Linke und Bündnis 90/Die Grünen vom September 2019. Darin argumentieren die Parteien vor allem historisch. Gesetze wie der Paragraph 175, der die Strafverfolgung Homosexueller ermöglicht hatte, seien erst vor wenigen Jahrzehnten abgeschafft worden. Es erscheine daher nicht ausgeschlossen, dass sich die gesellschaftliche Meinung über queere Menschen wieder verschlechtern und sich das Bundesverfassungsgericht schlussendlich an solchen Tendenzen orientieren könnte. Um das zu verhindern, sei eine Ergänzung des Artikels 3 notwendig. Die Parteien legen in dem Entwurf ihren Fokus allerdings auf die sexuelle Identität, die geschlechtliche sei durch den Begriff „Geschlecht" bereits ausreichend erfüllt.

„Wir haben heute eine sehr offene Gesellschaft - und keinen Garant, dass das auch so bleibt", sagt Sören Landmann. Zusammen mit Josefine Liebing und Christian Gaa hat er Anfang des Jahres elf der bundesweit agierenden Organisationen an einen Runden Tisch in Frankfurt gebracht. Alle drei setzen sich seit langem für die Rechte der queeren Gemeinschaft ein. Liebing und Gaa engagieren sich unter anderem im Vorstand des Frankfurter Bündnisses für Akzeptanz und Vielfalt, Landmann ist LSBTI-Beauftragter der Stadt Mannheim. Die Abkürzung LSBTI steht für „Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Intersexuelle".

Gesetzlich besonders geschützt

Liebing, Landmann und Gaa werben für eine breite, gesamtgesellschaftliche Unterstützung für ihr Anliegen. Bei einem wenig emotionalen und sehr theoretischen Thema keine leichte Aufgabe, zumal die Grundrechte in Artikel 1 bis 19 gesetzlich besonders geschützt sind und in ihrem Wesensgehalt nicht angetastet werden dürfen. Artikel 3 wurde zuletzt 1994 in seinem zweiten und dritten Absatz ergänzt. Der Staat verpflichtete sich zur Förderung der Gleichberechtigung von Mann und Frau und verbot die Diskriminierung aufgrund von Behinderungen. (Mehr auf der Webseite)

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