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Drogen, Ausbeutung, sexuelle Übergriffe: Wenn das Au-pair-Jahr zur Hölle wird

Foto: unsplash.com via pexels | CC0

Wer sich für das Au-pair-Programm entscheidet, der träumt von oft einem günstigen Auslandsabenteuer. Die jungen Mädchen werden aber meistens nicht wie ein Familienmitglied, sondern eher wie ein Dienstmädchen behandelt.

Hauptsache raus-eine Richtung, die viele Jugendliche nach dem Schulabschluss einschlagen wollen. Dabei kann es oft nicht weit genug von der eigenen Heimat entfernt sein. Die Möglichkeiten sind vielfältig, die Zeit bis zum Studienbeginn ist knapp und meistens fehlt das nötige Geld für ein sorgenfreies Auslandsjahr. Das wissen viele Au-pair-Agenturen und werben mit dem Traum, in einer fremden Umgebung eine neue Heimat zu finden-ohne finanzielle Sorgen. In Katalogen geben glücklich lachende Modelfamilien oft das Gefühl, dass man mit der Zahlung einer Vermittlungsgebühr zudem die perfekte, unkomplizierte Ersatzfamilie erhält. Ähnlich romantisch wie das Layout der Kataloge klingen dann auch die Erwartungshaltungen der angehenden Au-Pairs. Es gleicht einem auswendig gelernten Gedicht aus einem Au-Pair-Katalog. Symbolhafte Begriffe wie „Abenteuer", „Traum vom Reisen" und „neue Kulturen kennenlernen" sind das, was man sich von seinem Jahr im Ausland erhofft.

Die Kinderbetreuung, also die eigentliche Hauptaufgabe eines Au-pairs, spielt dabei eine eher kleine Rolle. Zehntausende Au-pairs werden jedes Jahr von Deutschland und Österreich ins Ausland vermittelt. Die beliebtesten Ziele sind dabei Großbritannien, Frankreich, Spanien und natürlich die USA. Christine Geserick, Soziologin am österreichischen Institut für Familienforschung, hat 24 Au-pairs auf ihrem Weg in die USA begleitet: „Es geht selten wirklich um das Thema Kinderbetreuung. Es sind eher andere Faktoren, beispielsweise in das Traumland zu reisen. Viele wollten das ‚Gap Year' nutzen, um einfach mal rauszukommen und neue Fähigkeiten zu erwerben. Sprachliche Kompetenzen und einen neuen Kulturkreis erfahren; solche Motivationen haben da eine Rolle gespielt."

Irgendwann setzt bei den Au-pairs eine gewisse Ernüchterung ein. Man ist eher Arbeitskraft als Gastfamilienmitglied.

Auch Sophie neue Erfahrungen sammeln. Mit 17 Jahren entschied sie sich dazu, als Au-pair nach Schottland zu gehen. Doch die Erfahrungen, die sie in ihrer ersten Gastfamilie machte, waren jenseits ihrer Vorstellungskraft, wie sie im Gespräch mit Broadly erzählt: „Ich fand ziemlich schnell heraus, dass der Gastvater gar nicht der leibliche Vater der Kinder war. Er hatte die Frau von der Straße geholt. Sie war drogenabhängig. Während ich dort gewohnt habe, ist sie rückfällig geworden."

Sophie befand sich in einer Art anhaltenden Schockstarre. Nichts hatte sie auf diese Situation vorbereiten können. Schließlich konnte sie nach der Arbeit nicht einfach nach Hause gehen und abschalten. Man wohnt dort, wo man arbeitet. Der Arbeitsplatz, nämlich die Gastfamilie, wird gleichzeitig zu einem der wichtigsten Bezugspunkte für die jungen Menschen...


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