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Sebastian Baier: So geht bewusster Fischgenuss

Immer mehr Verbraucher wollen wissen, woher ihr Fisch kommt. Einer, der in Hamburg Transparenz schaffen möchte, ist der Fischhändler Sebastian Baier. In der neuen Podcast-Folge von “Einmal alles, bitte!” erzählt er, warum er manche Fischsorten nicht mehr anbietet und was er im Kochbuch-Segment gerne ändern würde.


Seit 30 Jahren versorgt die Familie Baier Hamburg-Bergedorf mit frischem Fisch, seit 2016 neben den Wochenmärkten auch in einem Ladengeschäft in Börnsen. In der hauseigenen Fischmanufaktur werden täglich zahlreiche Salate zubereitet, Fische filetiert, nach dem Dry-Age-Verfahren veredelt und vieles mehr. Seit Sebastian Baier in das Geschäft seines Vaters eingestiegen ist, weht ein neuer Wind: Wer bei ihm einkauft, wird keine Standardware finden, schon gar keinen Zuchtlachs oder Thunfisch. Anfangs habe das viele Kunden gekostet, sagt Sebastian Baier. „Als wir damit angefangen haben vor 15 Jahren, haben die Leute uns noch einen Vogel gezeigt.“ Am nachhaltigen Konzept festzuhalten, habe viel Mut erfordert. Heute vertrauten zahlreiche Stammkunden auf seine Expertise.


Fisch aus regionalen Quellen

Was genau macht der gebürtige Geesthachter anders als andere Fischhändler? Er zeigt seinen Kunden beispielsweise Alternativen zu bekannten Speisefischen auf. Im Falle des Kabeljaus oder Dorsch – so nennt man ihn in der Ostsee –, deren Bestände seit Jahren rückläufig sind, preist Baier lieber Bachforellen aus einer nachhaltigen Teichwirtschaft an. Eine besondere Empfehlung spricht er der Forellenzucht Benecke in der Lüneburger Heide aus. „Die machen die besten Forellen und Saiblinge deutschlandweit. Von der Aufzucht bis zur Schlachtung – alles in einem Betrieb.“


Außerdem werden in der Fischmanufaktur Baier alle Fische möglichst komplett verarbeitet: Aus den Schwanzstücken wird Schinken gemacht, aus den Bauchstücken luftgetrockneter Speck, aus den Fischköpfen Sülze. Zum Thema Nose-to-Tail bietet der Fischhändler zusammen mit seinem Kollegen Michael Wickert von Glut & Späne auch Workshops an. Insbesondere Gastronomen würden dieses Angebot gerne nutzen. Sebastian Baier führt das wachsende Interesse auf die unzureichende Kochausbildung in Deutschland zurück: „Die kennen nur ihren Steinbutt, ihren Lachs und die Tiefkühlgarnele. Das sind halt Sachen, die man gut kalkulieren kann und die immer gleich im Preis sind.“

 

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Fischhändler Sebastian Baier stellt sich allen Fragen – auch den unbequemen / ©Fischfeinkost Baier

 

Träger Großhandel, einfallslose Kochbücher

Aber auch der Großhandel trage dazu bei, dass dem Verbraucher immer dieselben Fischsorten angeboten würden. „Der ist träge und macht nur das, was läuft und was einfach ist“, kritisiert er. Der Wille beim Kunden, Fisch aus nachhaltigen Quellen einzukaufen, sei durchaus vorhanden. „Die Frage ist nur wie“, fügt er hinzu. Dafür müsse der Kunde an die Hand genommen werden. Zum Beispiel könne man darüber nachdenken, auch Kochbücher neu zu denken. Mal ein leckeres Karpfen-Rezept vorzustellen statt das x-te Risotto mit Garnelen.


„Karpfen aus der Elbe zum Beispiel, der hat da richtig viel von dem Blutfarbstoff und fast schon einen Fleischcharakter“, erklärt Sebastian Baier. „Den kann man schön frittieren oder backen – ist richtig lecker“. Nur die vielen Gräten, die würden den Kunden Probleme bereiten. „Es gibt natürlich gute Filetiertechniken, die niemand mehr kennt“, verrät der Fischhändler. Wer erst mal nur probieren möchte, besucht sein Fischbistro in Börnsen.

 

Mehr Infos und Impulse in der neuen Podcast-Folge von „Einmal alles, bitte!“.

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Interview: Jasmin Shamsi trägt Berlin auf der Zunge und Hamburg im Herzen. Als Food- und Kulturjournalistin spürt sie Geschichten aus der bunten Gastrowelt auf oder testet sich durch die kulinarische Vielfalt dieser Stadt.



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