1 subscription and 0 subscribers
Article

Wolfs Junge: Warum sich die Bio-Zertifizierung lohnt

Sebastian Junge betreibt seit 2018 das Restaurant Wolfs Junge in Hamburg-Uhlenhorst. Für den Bio-Spitzenkoch ist Essen ein sozialer wie auch politischer Akt. Seit vielen Jahren engagiert er sich in der Slow Food Chef Alliance, einem Bündnis von Köchen, die Verantwortung für ihre Produkte übernehmen. Ein Einblick in sein Konzept, seine Ziele und Forderungen.



Wolfs Junge − die Mission

Das Restaurant Wolfs Junge steht für eine konsequent nachhaltige Gastronomie mit einem ganzheitlichen Ansatz. Das bedeutet, dass neben der Bio-Zertifizierung auch Faktoren wie die Wahl der Hausbank (keine Unterstützung von Atomkraft und Aufrüstung), der Transportmittel, der Verpackungen oder Reinigungsmittel eine wichtige Rolle spielen. So wird ein Großteil der Lieferfahrten per Lastenrad durchgeführt, Grünabfälle werden bestmöglich kompostiert oder Verpackungsmüll wie Kronkorken und Plastikdeckel kommt einem Recycling-Projekt zugute. Ziel ist, alle Geschäftsbereiche möglichst so zu gestalten, dass kein Raubbau an Mensch, Natur und Tier betrieben wird.


Grüner Stern vom Guide Michelin

Zum zweiten Mal in Folge wurde das Wolfs Junge 2021 mit dem „Grünen Stern“ des renommierten Guide Michelin ausgezeichnet. Für Sebastian Junge ist die Anerkennung in erster Linie ein gutes Marketing-Tool, das es ihm ermöglicht, die Aufmerksamkeit einer breiten Öffentlichkeit zu erlangen. Was die Überprüfbarkeit seines nachhaltigen Ansatzes betrifft, verweist der Spitzenkoch auf die Bio-Zertifizierung, die mit deutlich größeren Hürden verbunden ist und regelmäßig staatlich kontrolliert wird. In Norddeutschland gibt es nur eine Handvoll Restaurants mit Bio-Zertifizierung, die auf einem vergleichbaren Niveau arbeiten und kochen.

 

wilkenshoff-sebastian-junge

Farm-to-table mit Sebastian Junge auf dem Biohof Wilkenshoff / ©Thilo Bendig-Beck

 

Greenwashing in der Gastronomie

Modebegriffe wie Regionalität und Saisonalität, zwei ungeschützte Bezeichnungen, sind Sebastian Junges Meinung nach kritisch zu hinterfragen. Geschicktes Storytelling mit gut klingenden Floskeln à la „Wir kennen unsere Bauern“ führten Kunden in die Irre. Daher setzt der Küchenchef vom Wolfs Junge auf radikale Transparenz. Seine Forderung: Die Produzenten beim Namen nennen, die Herkunft der Zutaten auf der Speisekarte angeben, das Service-Personal besser schulen.


Kochausbildung nicht mehr zeitgemäß

Die neue Generation an Köchinnen und Köchen ist umwelt- und ernährungsbewusster. Wer das als Ausbilder nicht auf dem Schirm hat und die Inhalte entsprechend anpasst, muss sich nicht wundern, wenn der Nachwuchs ausbleibt. Grundkenntnisse über landwirtschaftliche Abläufe und Prozesse sollten Junges Meinung nach ebenso auf dem Lehrplan stehen wie solche zum Thema Ernährung. Dazu gehöre auch eine kritische Auseinandersetzung mit unserem unverhältnismäßigen Fleischkonsum. Seinen eigenen Auszubildenden zeigt er, wie die Ganztierverwertung funktioniert.


Farm-to-table auf dem Biohof Wilkenshoff

Im März 2021 hat der Koch und Food-Aktivist ein Hofcafé südlich von Hamburg eröffnet. Was hier stattfindet, ist das Ideal von Farm-to-table: Produkte werden feldfrisch verarbeitet und ohne lange Lieferwege direkt auf den Teller gebracht. Den Bauern kann man sogar noch hautnah bei der Arbeit erleben. Die Idee ist, alte und neue Gäste vom Wolfs Junge mit einem idyllischen Ausflugsziel für nachhaltiges Essen zu begeistern und den Ursprung von Lebensmitteln sichtbar zu machen. Mit von der Partie ist Küchenchef Maurizio Oster vom Restaurant Zeik, mit dem Sebastian Junge zukünftig gemeinsame Events und Menüs plant.

 

Mehr Hintergrundinfos in der neuen Podcast-Folge von „Einmal alles, bitte!“.


podcast-einmal-alles-bitte

jasmin-shamsi-genuss-guide

Interview: Jasmin Shamsi trägt Berlin auf der Zunge und Hamburg im Herzen. Als Food- und Kulturjournalistin spürt sie Geschichten aus der bunten Gastrowelt auf oder testet sich durch die kulinarische Vielfalt dieser Stadt.

Original