Stuttgart - Zunächst die Essenz von Manfred Spitzers Buch im O-Ton: „Meiden Sie die digitalen Medien. Sie machen, wie vielfach hier gezeigt wurde, tatsächlich dick, dumm, aggressiv, einsam, krank und unglücklich." Nachzulesen in Spitzers unlängst veröffentlichtem Pamphlet „Digitale Demenz".
Spitzer umschreibt die Wirkung des Konsums digitaler Medien mit fast denselben Worten, die er vor Jahren für seine Thesen zum Fernsehen benutzte. Er müsse das so sagen, betont der Ulmer Psychiater, schließlich sollen seine Warnungen Schlimmeres verhindern. Es gehe ihm um die jungen Leute, deren junge Köpfe „wir" mit diesem Internet- und Computergefummel „systematisch (. . .) vermüllen". Weil Politiker, Medien, Kirchen und sogar die Bundesverwaltung schon selbst ganz benebelt seien, fänden sich die Wahrheit und der Weg zum Glück nur bei ihm.
Das kennt man so ähnlich schon von anderen Autoren„Recht so", werden manche sagen, „endlich mal einer, der es ausspricht"! Endlich mal einer, der nicht bei diesem neumodischen Zeugs begeistert mitmacht. Und der auch noch mit Wissenschaft daherkommt, ergo nicht irren kann! Netznutzer verblöden, wir haben's schon immer gewusst.
Solche Fundamentalkritik am Digitalen kennt man inhaltlich wie stilistisch von anderen Autoren. Im Grunde sagt Spitzer nur mit eigenen Worten, was Nicholas Carr anno 2008 mit seiner berühmten rhetorischen Frage behauptet hat: „ Macht Google uns dumm?" Ja, Google macht uns dumm, schreibt, ach was: trötet Spitzer exakt vier Jahre später. Wobei „Google" für das gesamte Internet steht: das dort gespeicherte Wissen, die Online-Netzwerke, die Spiele und die Suchmaschine selbst.
Mit einigen Studien, darunter etliche von ihm selbst, unterstreicht der Psychiater seine Thesen: Dauer-Onlinepräsenz verändere das Gehirn; Google-Fertigkeiten seien ohne eigenes „Expertenwissen" nichts wert; wer nur noch alleine vorm PC über Facebook mit seinen Freunden interagiere, degeneriere als soziales Wesen. Da stimmt Spitzer der britischen Neurowissenschaftlerin Susan Greenfield zu: Die kritisierte vergangenes Jahr in einem Interview „die Art und das Ausmaß, wie wir digitale Technologien nutzen".
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