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Dorsch-Apokalypse in der Ostsee: Fische sind wie Zombies

Stockholm - Die Dorsche beziehungsweise Kabeljaue der Ostsee waren früher dicke, große Fische. Sie konnten 25 Jahre alt werden und im hohen Alter bis zu 40 Kilogramm wiegen! Heute bieten sie einen so erschreckenden Anblick, dass man sie Zombiefische nennt ...

Und weil sie so erbarmungswürdig klein und dünn sind, schlug Nils Höglund Alarm. Er ist Fischereibeauftragter der Organisation Coalition Clean Baltic, in der alle Ostseestaaten vertreten sind. Gegenüber der schwedischen Zeitung „ Aftonbladet " sagte er: „Der Ostsee-Kabeljau schaut schrecklich aus. Die Fische schwimmen am Meeresboden wie Zombies. Die Situation war noch nie so schlimm wie heute."

▶︎ Der Kabeljau wird in Skandinavien ausschließlich Dorsch genannt. In Deutschland wird nur der junge Kabeljau als Dorsch bezeichnet. Der Kabeljau galt traditionell als einer der wichtigsten Speisefische überhaupt. Sein Bestand in der Ostsee gilt seit Langem als so bedroht, dass Naturschützer vom Verzehr abraten. Der schwedische König hat bereits vor einigen Jahren bestimmt, dass am schwedischen Hof kein Dorsch oder Kabeljau mehr serviert wird. Nun kam die neue Hiobsbotschaft: Die Dorsche, die es noch gibt, wachsen nicht mehr. Sie sind klein und dünn und haben einen langen, schmalen Körper. „Sie schwimmen am Meeresboden und suchen nach Futter, finden aber nichts. Die Dorsche, die wir heute finden, sehen nicht einmal mehr aus wie Dorsche. Sie haben einen großen Kopf, der Körper ist mager und lang. In der Leber haben sie Würmer, die sie krank machen. Sie hungern zu Tode."

Was genau mit den Dorschen passiert ist, weiß man nicht genau. Sicher ist, dass sie nicht mehr sehr alt werden. Forscher haben erwachsene Kabeljaue gekennzeichnet und keinen einzigen gefunden, der 500 Tage nach der Kennzeichnung noch lebte. Gleichzeitig werden die Fische früher geschlechtsreif. Früher musste ein Kabeljau 40 Zentimeter lang sein, bevor er sich paaren konnte. Heute sind sie nur halb so groß.

„Die Ostsee ist ein komplexes System, und das Ökosystem ist aus dem Gleichgewicht geraten. Angesichts all dieser Zombiefische kann man davon ausgehen, dass der Dorsch lange überfischt wurde. Die Schleppnetzboote fangen ja sogar kleine Fische. Der Zustand des Meeres und die verantwortungslose Schleppnetzfischerei stresst den Dorsch. Dass sie schon mit 20 Zentimetern Länge Eier legen, wäre vor wenigen Jahren undenkbar gewesen. Aber sie sind so gestresst und tun alles, um ihr Überleben als Art zu sichern."

Besonders traurig: Den normalen ausgewachsenen Kabeljau scheint es gar nicht mehr zu geben. „Ich gehe davon aus, dass fast alle Dorsche, die es in der Ostsee noch gibt, inzwischen Zombie- oder Pygmäenfische sind. Das hier ist keine kleine Krise, es ist der vollständige Zusammenbruch des Kabeljau-Bestands in der Ostsee, gegen den man umgehend etwas unternehmen muss." Mehrere Organisationen - unter ihnen auch der WWF - fordern, den Fang völlig einzustellen.

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