Albert Einstein hatte sie vor hundert Jahren vorhergesagt: die Gravitationswellen. Damit ist eine Art Beben unseres dreidimensionalen Raumes gemeint, das sich mit Lichtgeschwindigkeit im Weltraum ausbreitet.
Dass es solche Beben wirklich gibt, das wissen Astrophysiker aber erst seit fünf Jahren. 2017 hatten sie erstmals die Existenz von Gravitationswellen im Kosmos nachgewiesen. Und nun gelang ihnen der nächste Schritt: Sie haben zum ersten Mal beobachtet, wie unsere Raumzeit bebt, wenn ein Schwarzes Loch einen ganzen Stern verschluckt.
Dave Reitze ist der Chef von LIGO, dem Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory in den USA. Mit diesem Observatorium suchen Astrophysiker nach Gravitationswellen, nach Verkrümmungen der Raumzeit.
Neben dem Observatorium in den USA gibt es aber auch andere Orte auf der Welt, die sich diesem Forschungsbereich widmen. Zusammen mit einem ähnlichen Instrument, dem VIRGO in Italien sei einem internationalen Forscherteam nun eine neuartige Beobachtung gelungen, wie Astrid Lamberts vom Observatoire de la Côte d'Azur in Nizza ergänzt:
Der Neutronenstern war etwa doppelt so massereich wie unsere Sonne. Das Schwarze Loch hingegen kam fast auf die zehnfache Sonnenmasse. Dieser Kampf im All sei also alles andere als fair verlaufen, findet Harald Pfeiffer vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Potsdam.
Zu sehen gab es hier nichts. Denn im Unterschied zu anderen Phänomenen im All hat der Neutronenstern keinen Lichtblitz produziert. Es habe kein letztes Aufbäumen gegen die übermächtige Schwerkraft des Schwarzen Lochs gegeben, ergänzt Tim Dietrich vom Institut für Physik und Astronomie der Uni Potsdam.
Dieses Signal hatte vor seinem Abbruch - vor dem Moment des Verschlucktwerdens also - extrem an Tempo gewonnen. Die beiden Objekte, Schwarzes Loch und Neutronenstern, waren sich am Ende bis auf rund 500 Kilometer nähergekommen. Mit einer Geschwindigkeit von fast 200 Millionen Kilometern pro Stunde haben sie sich gegenseitig umkreist, und zwar 100-mal in der Sekunde. Was dabei genau geschah, erzählt Harald Pfeiffer:
Anhand der erhaltenden Daten durch diese Detektoren konnten die Forscher erkennen, "dass die Umlaufgeschwindigkeit des Neutronensterns immer zunimmt, schneller und schneller wird, und dann hört das Signal plötzlich auf zu dem Zeitpunkt, wo der Neutronenstern von dem Schwarzen Loch aufgefressen wird".
Beide Detektoren - in den USA und in Italien - habe das gleiche Signal entdeckt, aber zu minimal unterschiedlichen Zeiten. Aus dieser Abweichung können Astrophysiker die Position des Ereignisses am Firmament lokalisieren. Es geschah etwas rechts vom Sternbild Orion und etwas unterhalb des Sternhaufens der Plejaden. Und es sei außerhalb der Galaxis passiert, so Tim Dietrich.
Nämlich ungefähr eine Milliarde Lichtjahre weit entfernt. Die Gravitationswellen waren also eine Milliarde Jahre unterwegs, bevor sie auf die Erde und damit auf die Detektoren in den USA und in Italien trafen. Eine späte Genugtuung für die Astrophysiker - und für Albert Einstein.