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Hightech für Vierbeiner: US-Militär testet VR-Brillen für Hunde - WELT

"Robo-Dog" ist bereit für den Einsatz

Mit speziellen Brillen sollen Signale oder Gegenstände in das Sichtfeld von Hunden projiziert werden. Das US-Militär hofft, die Hunde so „fernsteuern" zu können - doch auch private Anwendungen sind denkbar.

Manche Menschen leben in ihrer eigenen Realität. Sie tragen dicke, schwere, schwarze Brillen vor ihren Augen und machen sich die Welt, wie sie ihnen gefällt. Augmented Reality nennt es sich, wenn dem Träger einer entsprechenden Brille eine gemischte Wirklichkeit vorgegaukelt wird, teils virtuell, teils real.

Oft wird diese Technik in Videospielen angewandt. Aber nun bedient sich auch das amerikanische Militär dieses Kniffs: Hunde der US-Armee dienen derzeit als Versuchskaninchen und tragen Brillen, die ihnen eine andere, genauer: eine erweiterte Realität vorspiegeln.

Ein Pionier dieses Trends ist Mater, ein Rottweiler. Vor neun Jahren hat ihn sein Herrchen AJ Peper aus dem hessischen Lahntal in die USA überführt. Wenn Mater nicht gerade Haus und Hof in Seattle hütet, ist er ganz brav und - wie sagt man so schön: Er will nur spielen.

Herrchen AJ Peper ist der Gründer der amerikanischen Computerfirma Command Sight. Und Mater ist sein bester Mitarbeiter. „Mater ist Angestellter Nummer 1", lacht Peper. „Ich achte darauf, dass er immer gut gestimmt ist - und zwar mit Belohnungen." Denn Mater sei der Erste, der die neue Ausrüstung von Command Sight teste. „Erst dann probieren wie sie an anderen Hunden aus."

Zu dieser Ausrüstung gehören auch Augmented-Reality-Brillen. So ganz neu ist diese Idee eigentlich nicht. Denn Brillen für Vierbeiner existieren bereits. Es gibt Schutzbrillen für Hunde gegen UV-Licht oder gegen Sandstürme. Sie sehen aus wie Schneebrillen für Skifahrer. Nur die Haltebänder sind ein wenig anders. Und es gibt sie in unterschiedlichen Größen, für alle Rassen, vom Chihuahua bis zur Dogge.

Diese Brillen waren das Ausgangsmaterial für AJ Peper und seine Firma aus dem US-Bundesstaat Washington. Er fragte sich: Was, wenn der Hund durch seine Brille nicht nur das wahre Leben vor sich sähe, sondern Herrchen die Möglichkeit hätte, diese Realität ein wenig aufzupeppen, sie zu manipulieren?

„Wir erschaffen keine virtuelle Realität", stellt AJ Peper klar, „wir experimentieren mit erweiterter Realität." In diesem Fall heißt das: „Wir verändern für den Hund die Umgebung vor seinem Auge."

Eine kleine, in der Brille integrierte Kamera nimmt auf, was der Hund sieht. Dieses Bild wird an Herrchen weitergeleitet. Der Hundeführer sieht auf seinem Smartphone oder auf seinem Tablet genau das, was der Hund in diesem Moment wahrnimmt.

Diese Umgebung kann der Mensch nun künstlich verändern. Der Halter kann eine tatsächlich vorhandene Coladose, ein Auto oder einen Türgriff im Blickfeld des Hundes markieren, indem er den entsprechenden Gegenstand auf seinen Bildschirm anklickt.

Auf dem Display der Brille erscheint für den Hund dann ein Laserpunkt auf dem markierten Objekt. Ist das Tier entsprechend trainiert, weiß es dann, wohin es sich begeben soll. Der Hund durchschaut dieses Spielchen nicht, glaubt er doch, der Laserpunkt befände sich wirklich auf dem entsprechenden Objekt.

Dieses Verfahren habe zwei entscheidende Vorteile, weswegen das US-Militär auf diese Technik aufmerksam geworden sei: „Ich muss den Hund dazu gar nicht sehen können", betont Stephen Lee, der als Wissenschaftler beim Army Research Office in der Stadt Research Triangle Park im US-Bundesstaat North Carolina arbeitet. „Und ich muss keinen wirklichen Laser benutzen."

Denn gerade im Dunkeln würde ein solcher Laserpointer nicht nur dem Hund zeigen, wohin er laufen soll - auch jedermann in der Umgebung könnte den Lichtpunkt sehen. Er ließe sich also nicht unentdeckt machen.

Mit diesem neuen Verfahren verraten sich aber weder der Hund noch der Polizist oder der Soldat, der ihn leitet. „Es ist ein künstlicher Laserpunkt, der nur im Gesichtsfeld des Hundes sichtbar ist und der ihn zum gewünschten Ziel leiten soll", erklärt Lee.

Mögliche Anwendungen gibt es viele, gerade für Militäroperationen: Hunde könnten so zu verletzten oder verschütteten Personen in schwierigem Terrain vordringen - und ihre Halter könnten sie dabei fernsteuern. Beim Einsturz des Apartmentgebäudes in Florida oder bei den jüngsten Überschwemmungen in Westdeutschland wären solche Suchmethoden von Vorteil gewesen.

Oder der Hundeführer könnte die Vierbeiner Sprengstoff und Drogen erschnüffeln lassen. Statt eines simplen Laserpunkts könnte Herrchen auch komplette Personen oder Gegenstände ins Gesichtsfeld des Hundes malen.

Und auch der private Anwender könnte profitieren: „Dem zivilen Markt werden zahlreiche Ideen einfallen, wie sich dieses Verfahren nutzen ließe", glaubt Stephen Lee. Sobald dieses Produkt ausgereift sei, werde es kommerzielle Interessen geben, zum Beispiel im Hundesport - „sehen, was mein Hund sieht". „Wir werden Hunde künftig so führen können, wie wir uns es bislang nicht vorstellen konnten!"

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