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U-Strab und Stadtplanung in Karlsruhe: Bäume schief, weg damit

Bis die neuen Zürgelbäume überhaupt eine Klimawirkung entfalten würden, dauere es Jahrzehnte, klagt er. Weder der Schiefwuchs noch der Baumpilz rechtfertige daher die Pläne. "Die Platanen sind so vital und gesund, so dass das kein Grund für die Fällung ist. Die Platanen können ohne Weiteres noch 50 weitere Jahre stehen." Für den Wasserabfluss böte die bald schienenfreie Mitte genug Möglichkeiten, sagt Schmidt, die Begründung der Stadtverwaltung hält er für nicht stichhaltig.

Der wahre Grund für die Fällungen sei, dass die Stadtverwaltung ihre vor Jahren beschlossenen Pläne nicht mehr ändern wolle, vermutet Schmidt. "Der Planungsprozess zur Erneuerung der Kaiserstraße war sehr komplex und hat zahlreiche Abstimmungen mit den betroffenen Dienststellen und Gesellschaften über mehrere Jahre erfordert", schickt das Gartenbauamt in seiner Stellungnahme entsprechend vorweg. Kurzsichtig findet das Schmidt. Wer diesen Sommer auf dem Marktplatz war, müsse doch die Dringlichkeit erkannt haben, sagt er. Das Klima habe sich in den vergangen 15 Jahren so verändert, dass auch Planungen verändert werden müssten. "Man kann heute keine Bauprojekte mehr machen, ohne die Klimaanpassung mitzudenken." In Karlsruhe gäbe es dazu klare Konzepte. Doch bei der konkreten Umsetzung gelte allzu oft das Prinzip, "einmal können wir das ja noch machen".

Realität überholt Planungen

Durch die lange Bauzeit der Kombilösung wurden die Planungen auch an anderen Stellen der Stadt von der Wirklichkeit überholt. An der Ausfahrt des Straßentunnels auf der Kriegsstraße drängen sich rund um vier neu geschaffenen Verkehrsinseln Autos, Fußgänger:innen und vor allem Fahrräder. "Die Situation ist chaotisch und gefährlich", sagt Vlado Bulic, der Vorsitzende des Bürgervereins Südweststadt. "Auf den Inseln ist zu wenig Platz für Fußgänger, dann kommen noch die Radfahrer hinzu und wenn da noch wer mit Anhänger kommt, ist das eine Katastrophe." Die mehr als zehn Jahre alte städtische Planung hat das Wachstum des innerstädtischen Radverkehrs nicht berücksichtigt.

Es ist noch ein weiter Weg bis zur neuen Stadt. Der angestrebte Boulevard auf der Kriegsstraße, der die Trennung der Stadt aufhebt, scheint weiter entfernt denn je. Und auch die von oberirdischen Schienen befreite Fußgängerzone in der Kaiserstraße wird vom grassierenden Ladensterben stärker beherrscht als vom lebendigen Flanieren und Treiben der der Menschen. Kurz vor Weihnachten wird der Gemeinderat entscheiden, ob es dort kommenden Sommer überhaupt noch einen schattigen Platz gibt. Horst Schmidt ist überzeugt: "Wenn die Bäume gefällt werden, wird es einen Riesenaufschrei in der Bevölkerung geben."

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