Zwei Frauen aus Kiew. Die eine, Olha Vozniuk, 40 Jahre alt, kommt mit ihrem fünfjährigen Sohn Mitte März vergangenen Jahres am Berliner Hauptbahnhof an. Nach drei Tagen Zugfahrt ist sie in Sicherheit, ihr Mann musste zurückbleiben. Der Sohn spricht kaum noch, weil sie zuvor zwei Wochen in einem Keller nahe Kiew ausgeharrt hatten.
Die andere, Valeriia, die ihren vollen Namen nicht veröffentlichen möchte, 28 Jahre alt, kommt Anfang Oktober mit dem Bus nach Berlin, aber allein, weil sie keine eigene Familie hat, dafür Freundinnen und Freunde in Deutschland, in Europa. Überhaupt ist sie gut vernetzt, auch sie kommt wegen der Sicherheit, aber auch für die Chancen, die in der Ukraine mehr und mehr unter Trümmern begraben liegen.
Beide finden Schutz in Deutschland, wie seit Ende Februar über eine Million weitere Geflüchtete aus der . "Es ist eine Frage der Humanität, die Menschen gut zu versorgen", sagt Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) Ende März 2022. "Es ist aber auch eine Frage der Vernunft, ihnen eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt zu verschaffen." Etwa drei Viertel der Geflüchteten sind im "erwerbsfähigen Alter", wie es in der Statistik heißt, vor allem sind es Frauen, in der Mehrheit mit Berufsausbildung oder Hochschulabschluss, viele Lehrerinnen, Verkäuferinnen, Pflegerinnen, Servicekräfte. Berufe, für die in Deutschland die Fachkräfte fehlen. Berufe, die den Geflüchteten ebenjene Perspektive geben könnten.
Auch Olha Vozniuk und Valeriia wollten in Deutschland arbeiten. Vozniuk, die ausgebildete Krankenschwester. Valeriia, die studierte Tourismusmanagerin und Buchhalterin. Doch keine von beiden hat bisher eine Stunde auf der Uhr. Warum?