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Frauenmorde in Österreich: Femizid betrifft uns alle

In diesem Jahr sind in Österreich bereits sechs Frauen ermordet worden. Das Thema braucht mehr Aufmerksamkeit und vor allem mehr Geld für Prävention und Betreuung, denn es betrifft uns alle, unabhängig von Geschlecht und Herkunft. Ein Kommentar


In den ersten 30 Tagen im neuen Jahr werden in Österreich sechs Frauen ermordet: Am 8. Januar wird eine Frau von ihrem Ehemann vor den Augen der drei gemeinsamen Kinder erstochen. Am 9. Januar wird eine Frau von ihrem ehemaligen Freund mit einem Messer ermordet. Am 13. Januar wird die Leiche einer 16-Jährigen in einem Park erdrosselt aufgefunden, ihr Ex-Freund wird festgenommen. Am 15. Januar wird eine Frau am Wiener Hauptbahnhof von ihrem Bruder erstochen. Am 21. Januar wird eine Frau auf dem Parkplatz eines Supermarkts von ihrem Ehemann erdolcht. Am 25. Januar wird eine 64-jährige Seniorin tot mit schweren Kopfverletzungen in ihrer Wohnung gefunden, der Täter wird im engen Umfeld des Opfers vermutet.


Alle sechs Fälle verbindet, dass Frauen die Opfer von brutaler Gewalt waren, und die mutmaßlichen Täter aus ihrem Umfeld stammten. Im vergangenen Jahr wurden in Österreich 41 Frauen ermordet, das sind fünf mehr als im Jahr zuvor. Sie wurden erschossen, erstochen, erstickt, angezündet, erwürgt und tot geprügelt. Begründet wurden die Taten mit Aussagen wie, der Täter habe seine Freundin nur ein bisschen bestrafen wollen und darum „nur in den Bauch gestochen". Oder der Täter gab als Motiv an, er fühlte sich in seiner „Männlichkeit betrogen". In einem Fall aus dem Jahre 2017 schrieb der Täter seinem Opfer Monate zuvor sogar die Nachricht: „Ich schlachte dich ab wie ein Schwein." All diese Morde sind schwer zu ertragen, lassen schockiert und fassungslos zurück. Es ist aber wichtig, sie in ihrer Brutalität zu begreifen. Denn nur so wird klar, wie groß das Problem von Gewalt an Frauen und Mädchen in Österreich ist.


Entwicklung der Femizide in Österreich

In der internationalen Debatte wird der Begriff Femizid für Frauenmord verwendet. Darunter fallen unter anderem Beziehungstaten, Vergewaltigungen mit anschließender Tötung sowie die Ermordung weiblicher Säuglinge. Femizide passieren wegen eines strukturellen Machtgefälles zwischen den Geschlechtern. Anders ausgedrückt: Frauen sind gefährdet, aufgrund ihres Geschlechts ermordet zu werden, weil sich Männer in einer ihnen überlegenen Position fühlen. Eine Eurostat-Auswertung aus dem Jahr 2015 besagt: Nirgendwo in Europa ist der Frauenanteil unter den Opfern tätlicher Angriffe höher als in Österreich.


Ländervergleiche sind jedoch umstritten, da jedes Land die Zahlen anders erhebt. Es existieren aber viele andere Zahlen, und es braucht keine Superlative, um zu zeigen, was für ein großes Problem Gewalt an Frauen ist. 2017 suchten 18.860 Opfer familiärer Gewalt Hilfe in Schutzeinrichtungen in Österreich. 83 Prozent davon waren Frauen und Mädchen. In den meisten Fällen flüchteten sie vor ihrem Partner oder einem Mann in der Familie.

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