„Seit Jahren liebe ich sie. Und insgeheim weiß ich, dass sie mich auch liebt. Ganz tief im Inneren ihres Herzens weiß sie, dass ich der Richtige für sie bin. Sie ist sich einfach nur noch nicht darüber bewusst. Da bin ich ganz sicher ..."
So wie diesem unglücklich verliebten Mann aus einem Forum geht es vielen. Wenn man verliebt ist und die andere Person die Gefühle nicht erwidert, kann das sehr weh tun, ja regelrechte Qualen verursachen. Aber was motiviert Männer so lange an einer Frau dranzubleiben, wenn die Gefühle nicht erwidert werden?
Woher nehmen Männer die Überzeugung, dass SIE die Richtige ist? Warum verlieben sich vor allem Männer häufig unglücklich? Was sind eindeutige Signale, dass SIE einfach nicht will? Wie kommen Männer über die unerwiderte Liebe hinweg?
BILD hat bei dem Single-Coach und Paarberater Eric Hegmann nachgefragt.
BILD: Was motiviert Männer so lange an einer Frau dranzubleiben – und sich für alle anderen zu blockieren?
Eric Hegmann: „Für die Männer ist es die große Liebe – das ist ihre Motivation. Dafür geben sie alles. An andere Frauen denken sie dabei nie. Sie bemerken auch nicht, wenn sich eine andere Frau um sie bemüht. Ich hatte Fälle, in denen Männer mehrere Jahre lang um eine Frau mit großer Hingabe und viel Leidenschaft geworben haben, die ihnen außer freundschaftlichen Gefühlen nichts entgegen brachte.“
Warum sind manche so hartnäckig und kapieren es einfach nicht?
Hegmann: „Dabei geht es nicht, wie oft bei scheinbar vergleichbaren ‚Ex zurück‘-Wünschen, um Besitzdenken oder es nicht wahrhaben zu wollen, dass die Beziehung zerbrochen ist. Vielmehr ist es ein endloses Hoffen und Werben um die Partnerin, mit immer neuen Ideen und Strategien. Das hat sicher mit Selbstwert zu tun, denn solche Männer erleben eine Ablehnung als Zeichen, dass sie sich nicht genug Mühe gegeben haben. Darauf reagieren sie mit noch größeren Anstrengungen. Die Frau wird beispielsweise mit Geschenken beglückt, die sie nicht möchte. Der Gedanke der betroffenen Männer ist dann nicht: Sie will die Geschenke nicht. Oder: Sie will von mir keine Geschenken. Sondern: Das Geschenk war nicht gut genug.“
Woher rührt bei diesen Männern der Gedanke, dass genau sie der Richtige für die Angebetete sind?
Hegmann: „Wirklich wissen sie das nicht. Aber sie sind davon eben überzeugt. In der Beratung formulieren die Betroffenen das oft so: ‚Ich weiß es einfach. Sie weiß es nur noch nicht.‘ Dafür gibt es oft keine wirklichen Belege. Die Gründe sind eher Indizien, die gedeutet werden, wie es passt. Weil sie ihn einmal angerufen hat, als es ihm schlecht ging, kann dann als Liebesbeweis interpretiert werden. Weil sie ihm die Kindern vorgestellt hat. Oft wird die Schuld an den vergeblichen Bemühungen irgendwann einer vermeintlichen Beziehungsfähigkeit der Frau zugeschoben. Beispielsweise, wenn sie mit anderen Männern nur kurze Beziehungen hat, ist aus Sicht des Verehrers klar: Sie braucht Hilfe. Sie kann, wenn überhaupt, nur mit ihm glücklich werden. Dagegen steht aber: Sie hatte mehrfach die Chance, eine Beziehung mit ihm einzugehen und das nicht getan. Dieser Gedanke wird verdrängt.“
Sind Frauen für dieses Phänomen ähnlich anfällig wie Männer?
Hegmann: „Nach meiner Beobachtung können sowohl Frauen als auch Männer sehr stark unter Liebeskummer leiden. Aber Frauen erholen sich rascher, verarbeiten irgendwann das Geschehen und wollen sich einfach nicht länger leidend erleben. Die Männer, die für solche Gefühle anfällig sind, steigern sich aber in ihr Leid sogar noch weiter hinein und lassen es nicht mehr los. Frauen scheinen mutiger zu sein, neu zu beginnen. Vielleicht ist das das evolutionäre Erbe, dass sich der Mann um die Frau bemühen muss, das hier in einer extremen Ausprägung gelebt wird.“
Was sind eindeutige Signale, dass die Frau einfach NICHT will?
Hegmann: „Wenn sie mit einem anderen Mann zusammen ist, wenn sie sagt, sie möchte nur eine freundschaftliche Beziehung führen, wenn sie von sich aus wenig Engagement zeigt ... Die Signale in diesen Fällen sind eigentlich immer deutlich. Sie werden nur nicht als ernsthaft bewertet. Das ist selten Macho-Gehabe, solche Männer sind meist ganz besonders sensibel. Aber sie sind auch nicht so empathisch, wie sie von sich denken. Sie erleben ein NEIN zwar nicht als JA, aber als ein ‚Du bist nicht gut genug‘ und starten ihre Anstrengungen dann wieder von vorn.“
Welcher Männertyp ist häufig betroffen?
Hegmann: „Männer mit einem geringen Selbstwertgefühl, die vielleicht in ihrer Kindheit erlebt haben, dass Liebe verdient werden muss. Sie verstehen deshalb nicht, dass Liebe auch mit schönen Taten nicht erzwungen werden kann. Wobei sie das nie als ‚erzwingen‘ bezeichnen würden, denn Zwang liegt ihnen eigentlich fern. Aber sie würden eben auch nicht von alleine aufhören mit ihren Überzeugungsversuchen. ‚Wenn ich mir nur genug Mühe gebe, muss sie doch sehen, wie sehr ich sie liebe und mich zurücklieben‘. Dahinter steckt der Gedanke, Zuneigung verdienen zu müssen.“
Wie lange lohnt sich der Kampf um eine Frau?
Hegmann: „Liebe ist wert, sich um sie zu bemühen. Aber ein Nein ist ein Nein und es ist für beide Partner besser, dann Abstand zu halten und neue Kontakte zu knüpfen, bis die Verliebtheit wieder verflogen ist. Das darf man ja nicht vergessen: Es handelt sich nur um eine äußerst stark ausgeprägte Verliebtheit. Oder Limerenz, wie dieser Zustand in extremer Ausprägung genannt wird, die eben nicht mehr glücklich macht, sondern vielmehr dauerhaft als schmerzhaft empfunden wird. Der Unterschied zur Liebe: Die kann sich nur zwischen zwei Menschen entwickeln.“
Wann wird es Zeit fürs Loslassen? Was sind die Signale?
Hegmann: „Wenn man selbst darunter leidet, ist es höchste Zeit loszulassen. Nur auf die Signale des Schwarms zu warten, genügt nicht, um sich selbst zu schützen. Denn es gibt auch Frauen, die mit solchen Verehrern spielen oder sie ausnutzen.“