Viele Menschen haben aus Terrorangst ihre Reisepläne geändert. Mancher meidet gar große Menschenmengen oder fährt nicht mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Das Verhalten im Alltag hat sich durch die Vorkommnisse in letzter Zeit extrem verändert. Aber welchen Einfluss hat das auf unser Beziehungsleben? Vor allem dann, wenn Partner ganz unterschiedliche Meinungen und Gefühle zum Thema Terror haben?
Kann dann die Terrorangst zur Belastung in der Partnerschaft werden? Wie sollten Partner in der Beziehung mit dem Gefühl der Angst umgehen? Stärkt die gefühlte Bedrohung den Zusammenhalt? Was können Paare tun, wenn es wegen der unterschiedlichen Sicht auf die Dinge immer wieder zu Konflikten kommt?
BILD: Wann kann die Terrorangst zu Konflikten in der Partnerschaft führen?
Eric Hegmann: „Eine plötzliche Störung (beispielsweise in Form einer Bedrohung) ist wie ein Stresstest für die Partnerschaft. Der kann Partner enger zusammen bringen, aber genauso auch Unterschiede offenlegen und Paare trennen. Angst ist für alle Menschen ein Antrieb.
Fakt ist: Jede Paarbeziehung hat ihre eigene Dynamik und eine neu hinzukommende oder ausgelöste Angst kann die verändern, denn jeder geht mit Angst wegen der unterschiedlichen Lebenserfahrungen und Prägungen individuell um.“
Welchen konkreten Einfluss hat das Gefühl der Bedrohung auf die Beziehung?
Hegmann: „Auf Angst kennt unser Körper zwei Reaktionen: Flucht oder Angriff. Die Entscheidung fällt blitzschnell und evolutionär ist das ein uraltes Programm, das entstand, bevor der Verstand sich entwickelt hat. Je intensiver also ein Mensch Angst empfindet, desto stärker seine spontane Reaktion. Wenn die Partner hier ähnliche Verhaltensweisen zeigen, schafft das Geborgenheit und ein Gefühl von Sicherheit.
Reagieren sie aber gegensätzlich, erleben sich die Partner nicht mehr als einander hilfreich in einer bedrohlichen Situation. Aber gemeinsam als Team auf Veränderungen von außen reagieren zu können, ist eine Grundsäule einer Beziehung. Fazit: Fällt dieses Sicherheitsgefühl weg, kann es im Alltag an vielen Stellen zu Spannungen führen, von der Urlaubsplanung, auf die man sich zum ersten Mal nicht einigen kann, über die Art und Menge der Information über aktuelle Ereignisse bis hin zur Kindererziehung.“
Welche Spuren hinterlässt die Terrorangst in der Beziehung?
Hegmann: „Statistisch führen Bedrohungen von außen eher dazu, dass Menschen Nähe und Geborgenheit suchen. Ist sich das Paar einig über den Umgang mit seinen Ängsten, kann es daran wachsen. Angst ist ja zunächst weder gut noch schlecht, aber die darauf folgenden Verhaltensweisen können der Liebe schaden.“
Wird die Beziehung durch die latente Bedrohung von außen gar wichtiger?
Hegmann: „Die schnellen Veränderungen von außen auf eine Beziehung führen oft dazu, dass die Partnerschaft und der Partner den Ausgleich darstellt. Dann ist die Beziehung vom Wunsch nach Beständigkeit und einem Status quo geprägt.
Das Beziehungsleben aber verändert sich immer, wir werden älter, wir priorisieren Dinge anders, wir lernen dazu – der Versuch, sich gemeinsam zu verkriechen und die Zeit anzuhalten, ist also auf Dauer immer zum Scheitern verurteilt. Damit Liebe wachsen kann, muss sie sich mit uns verändern können.