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Kaum Kompetenz für Risiko

Der neue Risiko Report 2018 von ERGO legt offen, die Kompetenz für Risiken ist bei den Deutschen gering. Ängste und Sorgen prägen die Gesellschaft, mangelndes Finanz- und Geldwissen ist die Ursache.


(db) Der Risiko-Report 2018 der , eine Tochter des Rückversicherer , ist die erste Ausgabe einer Studienreihe, die Aufschluss über die Risikokompetenz und Eigenverantwortung der Deutschen gibt. Die wissenschaftliche Leitung liegt bei Professor Gerd Gigerenzer, Direktor des Harding-Zentrums für Risikokompetenz am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. Geplant ist eine Neuauflage der Studie alle zwei Jahre, mit neuen Schwerpunktthemen.Der Risiko-Report 2018 hat das Thema Altersvorsorge.

Ein Link zum kostenfreien Herunterladen des Risiko Report 2018 finden Sie am Ende dieses Beitrags.


Angst vor Armut im Alter

Fast jeder fünfte Deutsche fürchtet sich vor dem Alter. Nur vier Prozent der Befragten gaben an, sich auf das Alter zu freuen, alleine unter Beamten sind es deutlich mehr (12 Prozent). Als größte Sorgen gaben die Befragten Krankheit (65 Prozent), Unmündigkeit bzw. Abhängigkeit von Anderen (41 Prozent), Armut (40 Prozent) und Einsamkeit (28 Prozent) an. Knapp sieben von zehn Befragten erwarten, dass das Rentenniveau in den nächsten zehn Jahren weiter sinkt. Jeder vierte Deutsche befürwortet eine Pflicht zur privaten Altersvorsorge.


Nur jeder fünfte Deutsche gibt an, seine künftige Rentenhöhe recht genau zu kennen. 43 Prozent der Frauen sind unsicher und sagen, sie können nur ungefähr schätzen, wie viel Rente sie voraussichtlich bekommen. Während bei den Männern jeder Dritte angibt, sich nicht leisten zu können, privat fürs Alter vorzusorgen, sind es bei den Frauen sogar 43 Prozent.


Ruhestand: Rente als Risiko

Die Ost-West Unterschiede sind beachtlich. In den neuen Bundesländern ist diese Sorge deutlich stärker ausgeprägt - z. B. Mecklenburg-Vorpommern (65 Prozent), Sachsen (67 Prozent) und Brandenburg (69 Prozent); hingegen Bayern und Hessen im Vergleich deutlich niedriger mit jeweils 47 Prozent.


Hoffnungen, Wünsche und Risiko

Die Deutschen setzen ihre größten Hoffnungen auf den medizinischen Fortschritt (49 Prozent). Auf die Frage, worauf sich die Deutschen im Alter freuen, gaben sie vor allem mehr Zeit für Freizeitaktivitäten (48 Prozent), Familie und Partner (43 Prozent) und weniger Stress (41 Prozent) an. Jeder Fünfte ginge gern vorzeitig in den Ruhestand.


Angst vor Krieg und Terror in Deutschland

Obwohl die große Mehrheit der Befragten die Gefahr durch Terrorismus als sehr gering einschätzt, herrscht bei 68 Prozent der Deutschen eine diffuse Angst vor Krieg und Terror. Das mündet in die Forderung nach einem starken Staat: Eine Mehrheit wünscht sich eine Stärkung der Polizei und strengere Gesetze.

Eine Diskrepanz zwischen Gefahrenbewusstsein und Vorsorgebereitschaft zeigt sich beim Thema Datenschutz.


„Interessant ist: Obwohl die Deutschen sich vor Hackerangriffen und Datenklau fürchten, wechselt nur jeder Dritte seine Passwörter regelmäßig. Zwei von zehn Befragten haben - wider besseren Wissens - schon unsichere, öffentliche WLAN-Verbindungen für Bankgeschäfte genutzt", sagt Gerd Gigerenzer, Professor und Leiter des Harding-Zentrums für Risikokompetenz.

Negative Lebenseinstellung als Risiko

Die Deutschen sind optimistisch, was ihre Gesundheit angeht und vertrauen auf den medizinischen Fortschritt. Fast jeder Dritte glaubt, mit positivem Denken könne man sein Leben verlängern. Nur jeder Vierte traut Sport und Bewegung denselben Effekt zu. Dagegen werden Risiken wie eine falsche Ernährung und der Konsum von Nikotin zum Teil deutlich unterschätzt.


Zwei Drittel der Befragten haben Angst vor schweren Erkrankungen wie Krebs, Demenz und Herzinfarkt.


„Interessant ist dabei, dass die Angst vor schweren Erkrankungen mit dem Einkommen steigt. Wohlstand beruhigt offenbar nicht, wenn es um Krebs, Demenz oder Herzinfarkt geht", so Gigerenzer.


Auch im Bereich Gesundheit wünschen sich die Deutschen mehr politische Regularien. So wünschen sich 68 Prozent eine Gesundheitsampel als Orientierungshilfe und Warnung auf Lebensmitteln.


Nächste Finanzkrise als Risiko

Viele Deutsche fürchten eine erneute Finanzkrise - und halten an konservativen Anlageformen fest


Bei der Geldanlage dominiert das Sicherheitsbedürfnis der Deutschen. So hat ein Drittel der Deutschen in Immobilien investiert und sorgt so für das Alter vor. Jeder Zweite glaubt, dass sich eine Finanzkrise wie in 2008 innerhalb der nächsten zehn Jahre wiederholen wird. Obwohl zwei Drittel der Befragten glauben, dass sie mit Aktien und Fonds die meiste Rendite erzielen, legen sie ihr Geld lieber aufs Sparbuch oder schließen sicherheitsorientierte Vorsorgeprodukte ab. Auch was Zahlungsmittel anbelangt, zeigen sich die Deutschen traditionell: Eine überwältigende Mehrheit (93 Prozent) möchte am Bargeld festhalten.


Bei den Ängsten stehen die Bedrohungsszenarien „Altersarmut" und „Pflegebedürftigkeit" im Mittelpunkt. Laut der Studie legen 22 Prozent der Deutschen nichts und weitere 20 Prozent maximal 50 Euro im Monat für die private Altersvorsorge zurück.


„Dass so viele Menschen gar nicht privat vorsorgen, ist ein erschreckendes Ergebnis für die Gesellschaft. Auch mit kleinen Beträgen kann - über lange Laufzeiten - eine gute Vorsorge auf die Beine gestellt werden. Es gilt, möglichst frühzeitig im Erwerbsleben einen soliden Plan für das Alter zu machen", sagt Michael Fauser, Vorstandsvorsitzender der ERGO Lebensversicherung AG.

Algorithmen als Risiko

25 Prozent der Umfrageteilnehmer befürchten, dass sie ihren Arbeitsplatz in den nächsten zehn Jahren an Roboter und Maschinen verlieren. Beamte hingegen sehen das nicht als Risiko (87 Prozent).


Acht Prozent der Befragten nennen die Gefährdung ihres Arbeitsplatzes als die für sie größte Gefahr, die sich aus dem Zukunftsszenario Digitalisierung ergibt. Weit höher schätzen die Deutschen die Gefahren durch Identitätsdiebstahl, Hackerangriffe und Datenverlust ein (jeweils mehr als 50 Prozent).


Trotzdem sind sie mitunter nachlässig dabei, ihre Daten zu schützen. Auch vor Entfremdung durch neue Technologien haben 39 Prozent der Deutschen Angst. Gleichzeitig finden 58 Prozent, dass ihnen digitale Medien den Kontakt zu Freunden und Familie erleichtern. 87 Prozent der Befragten nutzen das Internet aktiv für Recherchen, Einkäufe, Online-Banking und zur Kontaktpflege und sehen ihr Leben hierbei durch den digitalen Fortschritt erleichtert.

Auf wenig Akzeptanz stoßen bisher hingegen intelligente Assistenzsysteme, z. B. für den Haushalt. Im sogenannten „Smart Home" fühlen sich bisher nur zwei von zehn Befragten zuhause.


Geringe Kompetenz für Risiko

Die Beantwortung von Schätzfragen, die in der Umfrage gestellt wurden, zeigt, dass die Deutschen Risiken überwiegend falsch einschätzen. So wurde die Zahl der Demenzkranken in Deutschland fünffach und die Verbreitung von Übergewichtigkeit doppelt überschätzt. Umgekehrt unterschätzen 86 Prozent der Deutschen die negative Auswirkung des Rauchens auf die statistische Lebenserwartung. Mangelnde Risiko-Kompetenz kann auch, z. B. in Geldangelegenheiten, fatale Auswirkungen haben.


„Wird beispielsweise das Chancenpotenzial von Aktien derart unterschätzt, wie es bei unseren Umfrageteilnehmern der Fall war, setzen viele womöglich auf die falsche Anlagestrategie - und müssen deswegen mit schlechten Ergebnissen rechnen", so Risiko-Manager Fauser abschließend.


Fazit der Studie: Männer schätzten die abgefragten Risiken besser ein als Frauen, ältere Befragte besser als Jüngere, Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen besser als solche mit niedrigen.


Dietmar Braun (db)


Download ERGO Risiko-Report 2018 (PDF-Dokument)
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