nmz Online: Ihr Großvater war ein Griot. Ist das auch so eine Art Entertainer?
Richard Bona: Gewissermaßen schon. Aber ein Griot ist noch viel mehr: Er ist Geschichtenerzähler, Musiker, Ratgeber und spiritueller Führer in einem. Er singt vom Tod, aber auch vom Glück und der Freude. In manchen Dörfern sind die Griots wichtiger als unsere politischen Führer.
nmz Online: Hat er Ihnen das Musizieren beigebracht?
Richard Bona: Nein, so läuft das nicht in einem afrikanischen Dorf. Wir spielen jeden Tag Musik, aber niemand unterrichtet dich. Du hörst und schaust einfach zu. Irgendwann machst du dann selber mit. Wissen Sie, Musik ist so ziemlich alles, was wir hatten. Als ich klein war, gab es bei uns im Dorf kein Fernsehen, kein Radio, nichts, nichts, nichts. Was zählte war die Musik. Und der Fußball. Da ist es wirklich notwendig, in wenigstens einem von beiden gut zu sein. Sonst stirbst du vor Langeweile. Ein Vorbild war mein Großvater natürlich schon. Vor allem rhythmisch. Seine linke und seine rechte Hand konnten völlig unabhängig voneinander die verrücktesten Sachen spielen – und gleichzeitig hat er noch mit den Leuten geredet. Er hat wirklich wie zwei Balafon-Spieler geklungen.
nmz Online: Haben Sie die Musik ähnlich wie das Sprechen gelernt?
Richard Bona: Genau. Musik ist ja nichts anderes als eine Sprache. Und genau so sollte man sie lernen. Zuerst hört man ewig zu, irgendwann plappert man dann selbst mit. Vom ersten Tag meines Lebens war ich von Musik und Musikern umgeben: Nicht nur wegen meines Großvaters, auch meine Mutter und alle meine Onkel waren Sänger und Musiker. Ich bin da richtig hineingewachsen.
nmz Online: Hat damit auch zu tun, dass Sie so viele Instrumente spielen?
Richard Bona: Mein erstes Instrument war das Balafon. Da war ich drei oder vier Jahre alt. Für mich war das ein Spielzeug, ähnlich wie die vielen Perkussionsinstrumente, auf denen ich den ganzen Tag herumgetrommelt habe. Ich habe mich schon immer sehr leicht getan, ein neues Instrument zu lernen.
nmz Online: Wie erklären Sie das?
Richard Bona: Weil ich die Instrumente, die ich unbedingt lernen wollte, lange Zeit nicht selber besessen habe. Ich konnte nur spielen, wenn mich jemand an sein Instrument gelassen hat. Eine richtige Gitarre und einen eigenen Bass hatte ich erst, als ich schon 17 war. Davor habe ich mir manchmal etwas selber gebaut – zum Beispiel etwas Gitarrenähnliches mit alten Fahrradbremsseilen als Saiten -, aber das waren keine richtigen Instrumente…
nmz Online: Und wie lernt man ein Instrument, das man nur alle paar Wochen in die Hände bekommt?
Richard Bona: Durch Beobachten und Zuhören. Als ich noch keine eigene Gitarre hatte, habe ich anderen Gitarristen zugeschaut, habe beobachtet, wohin sich ihre Finger bewegen, gelernt, mir Akkordgriffe zu merken. So versteht man, wie ein Instrument funktioniert. Außerdem trainiert man sein Gehör, das Gedächtnis und die Auffassungsgabe. Und beim nächsten Instrument geht alles noch leichter, weil man von Mal zu Mal besser wird.
Original