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Vom Vermieter bestohlen - von der Justiz alleingelassen

Die Hamburgerin Katja B. verlor über Nacht ihren Besitz – ein Lehrstück über Lücken in der Justiz. 


Hamburg. An das Bombardement hat sie sich noch immer nicht gewöhnt. Jede Woche kommen Briefe, vom Gericht, von der Versicherung, von Juristen. Auch von den Anwälten der Familie des Mannes, der Katja B.* ihren gesamten Besitz nahm. „Ich muss jeden Brief erst zuordnen“, sagt die 40-Jährige. Allein das ist ein Halbtagsjob und nervig. Aber die Geschichte hat sich so ausgeweitet, dass sie sonst nicht mehr mitkommen würde.


Der Albtraum begann vor einem Jahr, am 31. August 2016. Katja B. will damals nur ein paar Tage raus an die See. Sonne und Segeln. Sie schließt ihre Mietwohnung in Winterhude ab und geht.


Schlüssel passt nicht mehr

Zwei Tage später kommt Katja B. zurück. Ihr Schlüssel passt nicht mehr zur Haustür und nicht zu ihrer Wohnung. Auf ihrem Klingelschild steht plötzlich ein fremder Name.

Der Vermieter habe alle ihre Sachen versteckt, wie sie später erfährt, ihre Möbel, ihre Kleidung, ihren Laptop, selbst einen Siegelring. Der Gesamtwert der Sachen liegt laut Katja B. bei annähernd 100.000 Euro.


Der Mieterverein nennt das eine „kalte Räumung“, aber so einen Fall haben sie noch nie erlebt. Ein Richter spricht kurz nach dem Vorfall von „verbotener Eigenmacht“ des Vermieters. Die Polizei nimmt Ermittlungen auf, wegen schweren Diebstahls. Eine klare Angelegenheit. Könnte man denken.


Anfangs optimistisch

Im November 2016 berichtet das Abendblatt erstmals über den Fall. Sie sei „optimistisch“, ihre Sachen bald wiederzuhaben, sagt Katja B. damals. In dieser Woche sitzt sie nun in einem Café, in Klamotten und Schuhen, die sie sich neu kaufen musste. Inzwischen haben auch die „Zeit“, der NDR und andere Medien berichtet. Es haben Anwälte, Staatsanwälte gewechselt – und viele Schriftsätze. Nur hat Katja B. weder ihr Eigentum zurück noch ihre Wohnung.


Sie sagt: „Ich kann nicht verstehen, warum es noch immer keine Lösung gibt.“ Eine ihrer Anwältinnen hat den Jahrestag im Kalender notiert. „Ein Wahnsinn“, sagt sie nur. Katja B., so scheint es, ist durch eine Lücke in unserem Rechtssystem gefallen. Ihr Fall steht für mehr als eine mögliche Einzeltat eines Vermieters.


(...)


(Abendblatt plus)

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