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Arbeit in Zeiten der Ampel

In Deutschland trat eine neue Regierungskoalition ihren Dienst an. Für Arbeit & Wirtschaft habe ich beleuchtet, was die Ampel für Arbeitnehmer:innen bedeutet.

- Die Arbeitsmarktpolitik der neuen Regierung.
- Was Beschäftigte von der Ampel erwarten können.
- Das sagt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB).

Obwohl die Union nicht mehr an der Macht ist, kann Arbeitnehmer:innen mulmig werden beim Blick auf die neue Regierungskoalition in Deutschland. Denn SPD und Grüne waren es, die vor bald zwanzig Jahren die Hartz-4-Gesetze beschlossen haben. Und von der neoliberalen FDP können Beschäftigte von Natur aus keine Unterstützung erwarten. Welche Arbeitsmarktpolitik von der Ampel-Koalition zu erwarten ist, habe ich in „ Regierungskoalition in Deutschland: Hartz 4 war vorgestern " für Arbeit und Wirtschaft analysiert.


Ampelkoalition: Weg mit Hartz-4

An ihrem Umgang mit den Hartz-4-Gesetzen dürften sowohl SPD als auch Grüne in diesem Bereich gemessen werden. Beide Parteien hatten sich vor der Wahl mehr oder weniger deutlich davon distanzier. Laut Koalitionsvertrag soll Hartz-4 durch ein Bürgergeld ersetzt werden. Das soll unkomplizierter zugänglich sein und zu gesellschaftlichen Teilhabe befähigen. Was der DGB die Pläne kommentiert steht in der bereits verlinkten vollständigen Geschichte bei Arbeit & Wirtschaft.


Ein mögliches Ende von Hartz4, ein höherer Mindestlohn (mit Abstrichen), öffentliche Aufträge für Unternehmen nur bei Einhaltung der Tarifverträge, Betriebsratsgründungen verhindern wird strafbar - aber auch die Rückkehr zur Schuldenbremse.


Sehr deutlich wird der DGB bei den Plänen zu den Minijobs. Die Einkommensgrenze soll von 450 Euro auf 520 Euro angehoben werden. Der Gewerkschaftsbund dazu: „Minijobs sind für viele Menschen - vor allem für Frauen - eine Falle und verdrängen sozial abgesicherte Arbeitsplätze. Der DGB fordert stattdessen seit langem eine Minijobreform, mit der die kleinen Teilzeitarbeitsverhältnisse von Anfang an in die Sozialversicherung einbezogen werden."


Kritik am Mindestlohn

Auch bei den angestrebten Verbesserungen beim Mindestlohn gibt es Diskussionsbedarf. Zwar soll der Mindestlohn auf zwölf Euro pro Stunde erhöht werden, er gilt jedoch für so viele Gruppen von Arbeitnehmer:innen nicht (Auszubildende, Pflichtpraktikanten, Selbstständige, Langzeitarbeitslose und Jugendliche unter 18), das Firmen ausreichend Schlupflöcher bleiben.


Gerade wegen der Beteiligung der Grünen in der neuen Regierungskoalition ist auch der bevorstehende Strukturwandel ein wichtiges Thema. Hier sollen, wie gefordert, die Arbeitnehmer:innen mit ins Boot geholt werden. So heißt im Koalitionsvertrag: „Die sozial-ökologische Transformation und die Digitalisierung kann nur mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wirksam gestaltet werden." Um die Beteiligung zu verbessern, soll sogar ein „Betriebsrätemodernisierungsgesetz" beschlossen werden.


Apropos Betriebsrat: Wer die Gründung aktiv verhindert macht sich zukünftig strafbar. Dieses Vorgehen ist zukünftig nämlich ein „Offizialdelikt". Zusätzlich will die neue Bundesregierung die Unternehmensmitbestimmung auf europäischer Ebene stärken. Firmen können durch eine Umwandlung in eine Europäische Aktiengesellschaft (SE) aktuell Mitspracherechte umgehen. Die Ampelkoalition möchte dagegen vorgehen.


Neue Regierung und der Strukturwandel

Doch geht es beim Koalitionsvertrag nicht nur darin, was drinsteht, sondern auch darum, was nicht drinsteht. So sind beispielsweise alle Felder definiert, in denen sich für den europäischen Strukturwandel etwas tun muss, eine klare Bezifferung der notwendigen Investitionen gibt es aber nicht. Obwohl sie längst bekannt sind. Im Gegenteil. Die neue Bundesregierung drängt auf eine Rückkehr zur Schuldenbremse.


Vielleicht wäre es auch mal an der Zeit, neue Wege zu gehen. Ökonom Maurice Höfgen plädiert beispielsweise für eine Jobgarantie. Wie die ausgestaltet werden müsste, erklärt er im Interview. Was passiert, wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird, lässt sich gerade an der Tourismus-Branche sehen.

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