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Wüstenschiffe im Galopp

Buntes Zaumzeug, schillernde Jockey-Jacken, scharrende Hufe. Der Startschuss knallt, die Barriere fällt und im gestreckten Galopp der Renntiere wirbelt der Wüstensand auf. Beinah zwanzig Kamele jagen über die Rennstrecke etwas außerhalb von Abu Dhabi. Ihre langen Hälse strecken sich in Richtung Ziellinie, auf ihren kleinen Höckern schaukelt im Takt des Passschritts ein rechteckiger Kasten. Kaum größer als ein Toaster sind die Jockey-Roboter, in bunte Jacken gehüllt, tragen ein Käppi auf der kopfähnlichen Kugel.


Wetten ist in den islamisch geprägten Emiraten verboten; wer etwas auf sich hält, schickt am besten selbst ein Kamel an den Start. "Gute Renntiere bringen hohe Preise", sagt der Geschäftsführer der Rennstrecke. Dem Besitzer des Siegerkamels winken Autos, Gold, Geldpreise in Höhe von Millionen Dirham und vor allem Ansehen. Hunderte Kamele preschen daher jedes Wochenende in Al Wathba in den frühen Morgenstunden über die sandige Piste. Sie hetzen sich, bis die Schaumfäden auf der wippenden Unterlippe in dem sanftmütigen Gesicht die sportliche Anstrengung preisgeben. Bis zu 60 Kilometer pro Stunde schaffen die sonst so gemächlich wirkenden Wüstenschiffe. "Sie sind sogar schneller als ein Pferd", sagt der Geschäftsführer und fügt mit einem Augenzwingern, aber nicht mit weniger Stolz hinzu: "Zumindest auf einer langen Distanz."


Entlang der gesamten Acht-Kilometer-Strecke treiben Trainer und Besitzer höchstpersönlich die athletischen Statussymbole zur Höchstleistung. In weißen Jeeps heizen sie parallel zur Rennbahn durch den Staub. Jeder Jockey-Roboter hat zwei Taschen für Walkie-Talkies, die die Tiere akustisch mit den jeweiligen Jeep-Insassen verbinden. "Sie müssen nebenherfahren, denn über eine längere Distanz reichen die Funkgeräte nicht." Doch beobachtet man die Scheichs beim Rennen, wird schnell klar: Nicht allein die Grenzen der Technik .....

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