26.05.17 | Bis zu 70.000 Euro zum Beispiel für personalisierte Wahlplakate und Werbegeschenke wie Kugelschreiber, für Online-Werbung oder vielleicht für das Kandidatenfoto auf dem Auto: Nach Recherchen des ARD-Politmagazins Monitor investieren vor allem Direktkandidaten von CDU, CSU und SPD privat hohe Summen in ihren Wahlkampf.
Dabei bekommen die Parteien für den Wahlkampf auch vom Staat Steuergelder. Ist Privatvermögen dennoch eine Voraussetzung, um als Bundestagskandidat aufgestellt zu werden? Nein, sagt Michael Weickert von der Leipziger CDU, obwohl er ebenfalls investiert hätte. Der 27-Jährige wollte Direktkandidat werden, seine Parteifreunde entschieden sich für einen anderen. Er findet, in einem umstrittenen Wahlkreis brauche es neben politischem Engagement und Zeit auch ein finanzielles Grundgerüst.
"Für einen Bundestagswahlkampf sollte man sich schon als privater Kandidat in etwa auf 5.000 bis 6.000 Euro einstellen", sagt Weickert. "Das kommt natürlich auch darauf an, was für Aktionen ich im Wahlkampf plane. Also, ich sage mal so: Ohne einen Knopf in der Tasche sollte man sich das sehr wohl überlegen, ob man kandidieren möchte als Direktkandidat. Man hat ja auch eine gewisse Verpflichtung der Partei gegenüber."
Christoph Bernstiel tritt für die CDU in Halle an und weiß noch nicht, wie viel ihn der Wahlkampf kosten wird. Bei seiner Nominierung habe Geld keine Rolle gespielt. Wie in allen Parteien übernehme auch die CDU einen Teil der von ihm geschätzten 10.000 bis 50.000 Euro Wahlkampfkosten, aber einen Teil zahle er selbst.
Natürlich können Kandidaten ihr eigenes Geld investieren, sagt die Leipziger SPD-Bundestagsabgeordnete und sächsische Generalsekretärin Daniela Kolbe. Die Kandidierenden würden aber nach Kompetenz und nicht nach dem Portemonnaie ausgewählt. Sie freue sich, dass auch Studierende und normale Beschäftigte für die SPD kandidieren.
Der 22-jährige Jurastudent Philipp Hartewig ist FDP-Direktkandidat in Mittelsachsen. "Im Rahmen meiner Möglichkeiten werde ich selbst natürlich ein bisschen was investieren", sagt Hartewig. "Aber ich glaube auch, dass es möglich ist, mit wenig Geld einen effektiven Wahlkampf zu machen. Eine konkrete Summe ist schwierig zu sagen, aber ich selbst kann nicht mehr als 1.000 Euro investieren."
Was die Direktkandidaten, besonders in großen Wahlkreisen wie Mittelsachsen, mitbringen müssen, ist vor allem Zeit. Die Präsenz vor Ort sei wichtiger als Geld, sagt Thorsten Ahrens, Kandidat für die Linke im Kreis Görlitz. Was er freiwillig finanziell beisteuert, sind die Fahrtkosten für seine Touren im Wahlkreis. Geldforderungen aus der Partei gebe es nicht.
Ähnlich sieht es der Jenaer AfD-Direktkandidat, Denny Jankowski. Erwartet werde nichts, maximal vierstellige Beträge seien normal. Auch bei den Kandidaten der Grünen komme es in erster Linie auf das politische Engagement an, sagt die Leipziger Landtagsabgeordnete Claudia Maicher. Die in den Studien erwähnten hohen privaten Investitionen von Kandidaten sieht sie kritisch: "Ich halte es für ein Problem für unsere Demokratie, weil es Menschen ausschließt und weil es dann auch nicht mehr die Bevölkerung repräsentiert, wenn manche nicht ein Mandat bekommen können."
Das sei aber nicht die Regel, sagt Benjamin Höhne vom Halleschen Institut für Parlamentarismusforschung. Er untersucht derzeit, wie Bundestagskandidaten nominiert werden und befragt tausende Politiker deutschlandweit.
"Unsere Erfahrungen, die wir gerade in der Feldforschung machen, zeigen eigentlich nicht, dass das finanzielle Kapital so eine herausragende Rolle spielt", berichtet Höhne. Vielmehr gehe es um das politische Kapital, das die Kandidaten mitbringen, um erfolgreich zu sein.
Wie Höhne glauben auch alle genannten Politiker, eine Kandidatur sei immer auch ohne Eigenkapital möglich. Offen bleibt dennoch die Frage, ob die, die mehr investieren, sich am Ende bei der Wahl erfolgreicher durchsetzen.