Ein kompliziertes Prozedere für Flüchtlinge, aber auch für Ärzte und die verantwortlichen Kommunen. Um das zu vereinfachen, haben einige Bundesländer die Elektronische Gesundheitskarte der Krankenkassen auch für Flüchtlinge eingeführt. Name, Alter, Passbild und wichtige Gesundheitsdaten sind darauf gespeichert. Aus Kostengründen hat sich Sachsen-Anhalt für eine abgespeckte Version entschieden: eine Asylbewerberkarte, die von den Kommunen ausgegeben wird. Bisher wurde das Vorhaben der Regierungskoalition aus CDU, SPD und Grünen nicht umgesetzt.
Auf Anfrage von MDR AKTUELL teilt das CDU-geführte Innenministerium mit, die Vereinbarung stehe unter dem Vorbehalt, dass dafür genug Geld da sei. Zurzeit sei die Finanzierung aber nicht gesichert, sagt der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rüdiger Erben: "Das führt nicht dazu, dass man sich nicht weiter bemüht. Aber ich glaube nicht, dass es kurzfristig zu dieser Abrechnungskarte kommt. Hinzu kommt, dass viele Asylbewerber in andere Systeme übergehen, wenn sie anerkannt sind und sich das Problem dann sowieso nicht stellt." Denn sobald ein Flüchtling anerkannt sei und zum Beispiel Hartz IV beziehe, bekomme er eine reguläre Gesundheitskarte.
Ähnlich argumentiert Simone Borris, die Chefin des Magdeburger Sozialdezernats. "Diese Übergangskarte braucht man nicht, weil Aufwand und Finanzierung für uns als Kommune nach wie vor hoch blieben. Im Notfall kann der Asylbewerber jederzeit zum Arzt gehen und muss behandelt werden. Das wird dann bei uns abgerechnet." In Magdeburg seien zurzeit rund 1.500 Asylbewerber von der Regelung betroffen. 50 Krankenscheine würden am Tag ausgestellt. Das sei wenig, meint das Sozialdezernat. Die Zahl zeige aber auch, dass ein Bedarf vorhanden sei.
Die Ärztekammer Sachsen-Anhalt kritisiert bei MDR AKTUELL den bürokratischen Aufwand für die Mediziner und fordert weiter eine einheitliche landesweite oder gar bundesweite Regelung. Nur so könnten Doppelidentitäten bei gleichen oder ähnlichen Namen vermieden und wichtige Informationen wie lebensbedrohliche Krankheiten gespeichert werden. Die Grünen im sachsen-anhaltischen Landtag setzen sich inzwischen erneut für eine reguläre Krankenkassenkarte für Flüchtlinge ein. Die Fraktion nimmt auf Nachfrage Abstand von der mit den Koalitionspartnern vereinbarten Asylbewerberkarte, weil die recherchierten Kosten in keinem Verhältnis zum Nutzen stünden.
Diesen Beitrag sendete MDR AKTUELL auch im: Radio | 28.12.2016