Mit den Repair Cafés
wollte Martine Postma Müll reduzieren. Der Effekt der Initiative geht
aber darüber hinaus. Was an Salzburg besonders ist.
In Repair Cafés machen
Freiwillige Geräte wieder funktionstüchtig, für die sich eine Reparatur
sonst nicht lohnt - es wäre zu teuer. Die 49-jährige Niederländerin
Martine Postma hat die Initiative ins Leben gerufen, am Donnerstag ist
sie in Salzburg.
Das erste Repair Café organisierten Sie 2009 in Amsterdam. Was haben Sie
damals beobachtet?
Postma: Ich hatte keine Ahnung, ob Menschen kommen
würden. Aber sie tauchten auf - und ich war überrascht, wie glücklich
und dankbar sie waren. Da war ein Funkeln zu spüren. Die Menschen haben
sich davor schuldig gefühlt, wenn sie ihre wertvollen, aber nicht mehr
funktionierenden Dinge weggeworfen haben. Aber sie hatten keine
Alternative. Bis die Repair Cafés starteten.
Was ist das Ziel der Cafés?
Das Ziel ist, Müll zu reduzieren. Aber es
ist auch ein sozialer Event: Der alte Nachbar ist eine wertvolle Person.
Er zeigt, wie man kaputte Dinge funktionsfähig macht. Meist sind es
Ältere, die wissen, wie man Geräte repariert. Es ist entscheidend,
dieses Wissen weiterzugeben.
Das Repair Café ist zehn Jahre. Was hat sich verändert?
Den Menschen ist
bewusster geworden, dass wir etwas ändern müssen: Wir haben ein
ernsthaftes Problem damit, wie wir mit der Erde umgehen, wie wir
konsumieren. In Regierungen wird nun über Kreislaufwirtschaft
diskutiert. Nachhaltig zu leben ist aber nicht etwas, das nur in der
Politik besprochen werden soll: Repair Cafés sind etwas Einfaches, das
Menschen tun können. Derzeit gibt es in 35 Ländern insgesamt 2000 Repair
Cafés.
Machen die Cafés einen Unterschied?
Die Zahl der reparierten Produkte
und die CO2-Einsparung ist klein. Aber die Bewegung hat einen Effekt:
Hersteller und Politiker bemerken, dass die Gesellschaft bereit für den
Wandel ist. Das hilft, Gesetze und Produktionsmethoden zu ändern. Es
zeigt den Herstellern, dass Menschen Geräte wollen, die man reparieren
kann.
In Salzburg veranstalten nicht die Bürger, sondern die Stadt Repair
Cafés. Ändert das Ihr Konzept?
Ich war überrascht. Denn normalerweise
funktioniert dieser Ansatz nicht - zumindest in den Niederlanden. Wenn
es von oben kommt, nehmen es die Leute nicht so an. Aber die Stadt
Salzburg ist etwas Besonderes und offenbar nah an den Bürgern dran.
Was sollen die kommenden zehn Jahre bringen?
Bis jetzt ist es eine
ehrenamtliche Initiative. Künftig sollen reparierte Produkte aber mit
neuen konkurrieren können: Um etwas Neues zu kaufen, geht man in ein
Geschäft oder lässt es sich liefern. Neues ist überall und immer
erhältlich. Reparaturen sollen ebenso einfach für jeden zu bekommen sein
- und nicht nur von Freiwilligen angeboten werden. Damit sich die
Arbeit aber für Firmen auszahlt, müsste man etwa die Mehrwertsteuer auf
reparierte Geräte erlassen.
Was war das Schwierigste, das Sie selbst repariert haben?
Ich habe bei
meinem Staubsauger ein neues Rad angebracht: Dafür habe ich eine eigene
Konstruktion gebaut.
Das Problem ist, dass die Geräte so billig sind: Wenn ich um 20 Euro
einen Mixer kaufe, habe ich nicht das Gefühl, dass er wertvoll ist.
Viele Leute warten ihre Geräte deshalb nicht, obwohl alles in der
Gebrauchsanweisung beschrieben wäre. Es stimmt, dass Produkte früher
kaputt werden. Aber das ist nicht immer die Schuld der Hersteller.
Wenn ich etwas repariert habe, fühle ich mich stolz.
Das Gefühl ist
wichtig. Es hilft Ihnen, selbstbestimmter zu leben. Dieser Stolz wird
Sie motivieren, beim nächsten Mal wieder etwas zu reparieren. Dieses
Gefühl macht schlussendlich die Gesellschaft kreativer - und so werden
Lösungen für mehr Probleme gefunden.