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Gut für Geldbeutel und Gewissen

Ein 50 Kilogramm schweres Paket wird in einem Benziner von Köln nach München transportiert. Was glauben Sie, wie viel Kohlenstoffdioxid (CO2) wird dabei ausgestoßen? Laut Berechnungen der DHL sind es drei Kilogramm. Dabei ist nur der reine Spritverbrauch des Transporters berücksichtigt. Bezieht man alle anderen Stufen der Wertschöpfungskette mit ein: die Förderung des Rohöls beispielsweise in der Nordsee, die Raffination zu Benzin und den Transport des Benzins zu den Zapfsäulen der Tankstellen, dann sind es vier Kilogramm CO2-Ausstoß. Eine beachtliche Menge, wenn man bedenkt, wie viele Pakete täglich in ganz Deutschland ausgeliefert werden. Der Pakettransport insgesamt macht aber nur einen kleinen Bruchteil der Gesamtmenge an CO2-Emissionen aus.


 Neben dem Autoverkehr sorgen auch Energieerzeugung, Industrie, Luftfahrt und andere menschliche Aktivitäten für einen kontinuierlichen CO2-Anstieg (siehe Grafik unten) auf der Erde.Ein klares Signal. Die Erde erwärmt sich, das Eis schmilzt, und als eine Folge davon ändert sich das globale Klima. Laut dem renommierten Klimaforscher Mojib Latif führt der Klimawandel zu Starkniederschlägen, heftigen Überschwemmungen und Dürren. Die Prophezeiungen der Klimaexperten zeigen Wirkung. Auf dem Klimagipfel in Paris hat sich die Staatengemeinschaft geeinigt, dass höhere Investitionen gegen den Klimawandel dringend notwendig sind. Nicht nur für den größten CO2-Emittenten China, sondern auch für den Rest der Welt. Daraus ergibt sich eine gewaltige Chance für Anleger. FOCUS-MONEY zeigt, wie Sie mit gutem Gewissen gute Gewinne erzielen können.


Um das ambitionierte 2-Grad-Ziel zu erreichen, auf das sich die Staaten in Paris geeinigt haben, müssen weltweit insgesamt 16,5 Billionen US-Dollar in den nächsten 15 Jahren neu investiert werden, so eine aktuelle Studie der Internationalen Energieagentur. Zum einen sind Investitionen fällig, um Kohle- und Gaskraftwerke durch emissionsfreie Kraftwerke zu ersetzen: Ein Anteil von 30 Prozent an den Neuinvestitionen soll deswegen in erneuerbare Energien wie Wind oder Solar fließen. Die anderen 70 Prozent sollen die Energieeffizienz steigern. Die Investitionen in Energie aus fossilen Brennstoffen, die nach wie vor am höchsten sind, sollen minimiert werden. Insgesamt wollen die Staaten in Energieeffizienz und CO2-Reduzierung genauso viel investieren wie in fossile Energien (s. Grafik rechte Spalte).

Alternativ ist in. Wollen Sie mit Ihrem Geld nicht nur eine satte Rendite kassieren, sondern auch etwas Gutes für die Umwelt leisten? Natürlich wollen Sie! Nachhaltigkeit ist längst keine Nische mehr, sondern zum Mainstream geworden. Nachhaltige Kapitalanlagen werden bei Anlegern immer beliebter. So steigt etwa die Zahl der Privatanleger, die nicht nur eine gute Rendite erzielen wollen, sondern gleichzeitig auch Gutes für die Umwelt leisten.


Harte Kriterien. Nachhaltig ist nicht gleich nachhaltig. „Grüne Investments sind ein weites Feld", erklärt Michael Schneider, Leiter ESG Deutsche Asset & Wealth Management bei der Deutschen Bank. ESG-Kriterien stehen für Umwelt (Environment), Soziales (Social) und gute Unternehmensführung (Governance). Laut Experten hat die Einführung solcher Kriterien Wirkung gezeigt. Unternehmen handeln zunehmend verantwortlich. Und mehr Anbieter von börsengehandelten Indexfonds (Exchange Traded Funds, kurz ETFs) orientieren sich daran, wenn es darum geht, Unternehmen in einen Korb (Index) nachhaltig wirtschaftender Firmen aufzunehmen. In Zeiten von Abgasskandalen und Ölkatastrophen haben Unternehmen wie VW oder BP schlechte Chancen, in Nachhaltigkeitsindizes aufgenommen zu werden.

Wertentwicklung zählt. Zahlreiche Studien haben mittlerweile nachgewiesen, dass gute Öko-und Ethikfonds besser abschneiden als der Gesamtmarkt. Ein gutes Beispiel dafür ist der Solactive-oekom-Ethical-Low-Volatility-Index. Dieser hat sich zuletzt sogar besser geschlagen als der Stoxx-Europe-600. Rückrechnung: Im Jahr 2000 ist der Index mit 100 Punkten gestartet. Seither weist er eine Rendite von durchschnittlich 5,24 Prozent auf. Zum Vergleich: Der breite Europa-Index StoxxEurope-600 kommt im gleichen Zeitraum auf einen jährlichen Verlust von 0,45 Prozent.


Auf eine unabhängige Analyseabteilung achten. Nachhaltiges Investment ist mit Aufwand verbunden. Deshalb ist schwer zu glauben, dass ein einziger Fondsmanager sich gleichzeitig um Geldanlage und die Nachhaltigkeitsanalyse von Unternehmen kümmern kann. Anleger sollten darum besser auf Gesellschaften vertrauen, bei denen die Auswahl der ökologisch und ethisch besten Unternehmen Aufgabe einer eigenen Analyseabteilung ist, wie das zum Beispiel bei BNP Paribas der Fall ist. Auch der Einsatz spezialisierter Rating-Agenturen wie Oekom Research oder Inrate ist hilfreich.


Der Markt floriert . . . Es gibt mehr nachhaltige Fonds denn je in Deutschland. 2015 kletterte das Volumen um acht Prozent auf 37,6 Milliarden Euro. So viel haben Anleger in Fonds, für die ökologische, soziale und ethische Kriterien gelten, investiert. Dazu gehören ETFs, Aktien-, Renten, Misch- und Dachfonds sowie Mikrofinanzfonds. Fast zwei Drittel dieser Fonds sind Aktienfonds. Seit 1997 untersucht ECOreporter den Markt für nachhaltige Geldanlagen. Seither ist das Volumen nachhaltiger Fonds um 170 Prozent gestiegen. Es gibt zahlreiche Fondsanbieter auf dem Markt, eine beliebte Anlageform sind nachhaltige ETFs.

. . . ist aber noch überschaubar. Der Markt für ETFs ist im Moment gut überschaubar, aber es gibt immer mehr Angebote, und das bedeutet: Es wird schwieriger, den Überblick zu bewahren und die richtige Wahl zu treffen. So haben beispielsweise der Marktführer iShares und UBS nachhaltige ETFs im Angebot. Drei Varianten bietet iShares insgesamt. Allesamt setzen auf die Nachhaltigkeitsindizes von Dow Jones. UBS bietet dagegen ganze sieben ETFs auf Nachhaltigkeitsindizes des Datenanbieters MSCI an.


100 Fragen. Dow Jones bewertet mögliche Kandidaten mit Hilfe eines aufwendigen Fragebogens. Grundlage hierfür ist ein Auslese-Prinzip (Best-in-Class-Prinzip), das auf den ESG-Kriterien basiert. Aus jeder Branche werden die Unternehmen mit den besten Nachhaltigkeitsleistungen herausgefiltert. Die Schweizer Vermögensverwalter Robeco Sustainable Asset Management (RobecoSAM) wählt für Dow Jones aus den 2500 weltgrößten Konzernen insgesamt 20 Prozent der Unternehmen aus, die am besten in puncto Nachhaltigkeitskriterien abschneiden. Dazu gehören Unternehmen wie Adidas, BMW oder Google. Trotz des aufwendigen Verfahrens schafften es schon Rohstofftitel wie Royal Dutch Shell, BHP Billiton oder Glencore in den iShares-Dow-Jones-Global-Sustainability-Screened-ETF. Kein Wunder, wenn die Rohstoffbranche nicht aus dem Kreis der zu berücksichtigenden Sektoren gestrichen wird.


Die strengere Variante. Strenger ist dagegen das Vorgehen beim MSCI-World-Socially-Responsible-Index: Hier sucht man die oben genannten Unternehmen vergebens, sie wurden ausgeschlossen. Auch MSCI arbeitet mit den bekannten ESG-Kriterien. Das Verfahren lässt sich mit Moody's-Länderratings vergleichen. Aufgenommen werden nur Firmen mit den Top-Noten AAA bis A. Im Welt-Index finden sich IT-Unternehmen wie Microsoft und IBM, Unterhaltungskonzerne wie Walt Disney oder PharmaGiganten wie Gilead und Novo Nordisk. Auch der Konsumgüterhersteller Procter & Gamble zählt zu den Top-Positionen.


Richtig entscheiden. Bei so viel Auswahl fällt die Entscheidung schwer. Setzen Sie deswegen Prioritäten. Investieren, um etwas Gutes zu leisten, ist nicht spezifisch genug. Was genau wollen Sie mit dem Investment bewirken?, ist die entscheidende Frage. Wenn die Höhe der Rendite das einzig entscheidende Kriterium ist, dann ist der Dow-Jones-Sustainability sicher eine gute Entscheidung. Wenn Sie aber beispielsweise nicht in Öl investieren wollen, dann sollten Sie sich eher den MSCI-Socially-Responsible ansehen.

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