8 subscriptions and 2 subscribers
Article

La dolce vita: Der Studienalltag beginnt

In die Ferne hat es mich schon öfter gezogen, allerdings bin ich immer nach wenigen Tagen oder Wochen wieder in meine Heimat Deutschland zurückgekehrt.

In einem anderen Land richtig zu leben und dort auf sich alleine gestellt zu sein, ist dagegen etwas völlig anderes oder wie es der englische Dichter Samuel Johnson ausdrückte:

„Der Sinn des Reisens besteht darin, unsere Phantasien durch die Wirklichkeit zu korrigieren. Statt uns die Welt vorzustellen, wie sie sein könnte, sehen wir sie, wie sie ist."

Anstrengung in der Uni

Bevor mein Erasmus-Studium begann, habe ich immer davon gehört, wie einfach doch all die Vorlesungen und Unikurse für die privilegierten Austauschstudenten sind. Diesen Eindruck habe ich bei meiner Vorlesung „Geschichte der internationalen Beziehungen" nicht gewonnen.


Ich versuchte, zuzuhören und mitzuschreiben, aber ich verstand nur einzelne Wörter. Dabei ist mir „Schleswig-Holstein" am meisten in Erinnerung geblieben und wie der Professor dieses schwere deutsche Wort seinen Studenten aufgeschrieben hat.

Dazu kommt noch, dass italienische Vorlesungen kaum von Powerpoint-Präsentationen begleitet werden. Irgendwann gab ich meine Versuche mitzuschreiben auf und schaute mich um, was meine italienischen Kommilitonen taten. Erstaunt stellte ich fest, dass jeder in ganzen Sätzen regelrechte Schriftwerke aufschrieb. Diesen Mitschreibstil bei Vorlesungen bin ich aus Deutschland nicht gewöhnt. Dort schreiben alle Studenten nur Stichworte mit.

Nach ungefähr einer Woche fragte der Professor dann doch, ob sich auch Austauschstudenten in der Vorlesung befinden. Leider änderte sich danach nichts an der Schnelligkeit der Vorlesung und selbst die italienischen Studenten hatten laut eigenen Aussagen große Probleme, alles zu verstehen. Daher wechselte ich dann lieber die Vorlesung, was eindeutig die beste Idee war.


Bei einer Vorlesung über das politische System Italiens, die vom Wortschatz her auch nicht gerade einfach war, nahm die Professorin dagegen sofort auf alle Austauschstudenten Rücksicht. Sie fragte uns gleich bei der ersten Vorlesung nach unseren Namen und wir stellten uns kurz vor.

Trotz der Privilegien versuchte ich, mitzuschreiben und die Inhalte zu verstehen. Meistens stiegen ich und auch die meisten anderen Austauschstudenten gleich nach einer halben Stunde aus, weil es unheimlich anstrengend ist in einer Sprache, die man nicht gut spricht, zuzuhören und gleichzeitig mitzuschreiben.

Da alle Austauschstudenten in gewisser Weise im gleichen Boot sitzen, haben wir uns meistens zusammen in den Vorlesungen hingehockt. Daraus sind sehr gute Freundschaften entstanden.


Allen zukünftigen Austauschstudenten rate ich: Macht es euch nicht zu schwer, am Ende zählen ja auch die Noten, die ihr an eure Heimatuni mitbringt. Daher wählt besser Kurse bei Professoren, die bekannt dafür sind, dass sie auf Austauschstudenten Rücksicht nehmen.

Der erste Kontakt mit italienischen Studenten

Meine ersten Kontakte zu italienischen Studenten knüpfte ich bei meiner ersten Unterkunft in Forlì, wo diese auch ein Zimmer hatten. Zu meiner Freude haben sie mich eingeladen, mit ihnen zusammen zu essen und später noch zusammenzusitzen und sich zu unterhalten.

Das hat mir sehr gut gefallen, da die italienischen Studenten mit mir langsam und deutlich sprachen und geduldig waren, damit ich mich auch wirklich traute, auf Italienisch zu sprechen.


Dabei lernte ich einiges über die italienische (Feier-)Kultur kennen. Ich war völlig überrascht, als ab Mitternacht plötzlich kaum jemand Alkohol trank und, um die Gesundheit zu schonen viele anfingen, Tee zu trinken. Da Südländer als feierwütig und ausgelassen bekannt gelten, hatte ich anders erwartet. Man sollte sich nie auf Vorurteile stützen.

Ich hörte dagegen wieder sämtliche Stereotype über die deutsche Sprache, wie beispielsweise, dass nur die deutsche Sprache so lange Wörter wie Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz hat. Dieses Wort ist für mich als Deutsche auch ein Zungenbrecher. Im Laufe meiner Zeit in Italien habe ich auch immer wieder gehört wie hart die deutsche Sprache klingt, dazu möchte ich euch folgendes Video nicht vorenthalten:

In meinem Appartement im Studentenwohnheim wohnte ich mit einer italienischen Studentin zusammen, die im Rollstuhl sitzt. Schon beim ersten Kennenlernen meinte sie, dass sie kein Englisch spricht. An dem Tag, an dem ich eingezogen bin, hatte sie mich eingeladen mit ihr Nudeln mit Olivenöl zu Mittag zu essen. Das nahm ich dankend an, um sich besser kennenlernen zu können.


Dabei tat ich mich leider sehr schwer, ihr Italienisch zu verstehen. Das kann allerdings auch an ihrem sizilianischen Dialekt liegen. Sie hatte sich auch nicht bemüht, mit mir langsam zu sprechen, sodass ich etwas überfordert war, so schnelles Italienisch zu hören und mir gleichzeitig eine gute Antwort zu überlegen.


Probleme mit der Technik

Neben all den universitären und privaten Anstrengungen bereitete mir die Technik große Probleme. Schon bei meinem Einzug in die erste Unterkunft in Forlì konnte ich das W-Lan mit meinem Laptop nicht nutzen, da irgendetwas mit der Mailadresse der Universität nicht stimmte.


So konnte ich keine Mails lesen. Daher hieß es die ersten Tage gleich zum Auslandsamt der Universität zu gehen, um dieses Problem zu lösen. Irgendwann stellte sich heraus, dass mit der Mailadresse alles in Ordnung war, nur ich hatte meinen Nachnamen aus reinster Gewohnheit immer falsch eingegeben. Denn in Deutschland wird bei Mailadressen aus Schöne automatisch Schoene. In Italien dagegen wurde aus Schöne, da Umlaute im Italienischen nicht vorkommen Schone.


Trotzdem wollte mein Laptop immer noch nicht die Verbindung zum W-Lan herstellen. Dies hat dann glücklicherweise ein Techniker der Universität hinbekommen, sodass ich wenigstens in der Uni nun Internet hatte.


Durch all die technischen Probleme verpasste ich den Termin für den Einzug ins Studentenwohnheim. Letztendlich stand ich mit drei Freunden und meinem Sachen vor dem Wohnheim und niemand wusste etwas. Auch hier konnte ich das W-Lan nicht nutzen.

Imma, die Freiwillige von der Universität, hatte mir letztendlich geholfen, herauszufinden, wie ich in dem Studentenwohnheim zu einem Internetzugang komme. Zunächst muss man auf der Homepage des Studentenwohnheims, die nur auf Italienisch verfügbar ist, ein Formular ausfüllen.


Dabei benötigt man als Gast den sogenannten Codice fiscale, den italienischen Steuercode. Danach schickt man eine Mail an die Betreiber, die einem eine Mail mit Benutzernamen und Passwort zurückschicken. Anschließend muss man den Proxy-Server auf dem Laptop ändern und die Daten in einer Kombination mit der eigenen Mailadresse von der Universität kombinieren. Kurz gesagt: Man benötigt einen Internetzugang, um einen Internetzugang zu bekommen.


Warum es so kompliziert ist, einen Internetzugang zu bekommen, erschließt sich mir ehrlich gesagt bis heute nicht. Dies scheint wohl ein Teil der berüchtigten übermäßigen und undurchschaubaren italienischen Bürokratie zu sein. Da ich den Codice Fiscale noch nicht beantragen konnte, fand sich dann eine andere Lösung wie ich bis zu diesem Zeitpunkt das W-Lan des Studentenwohnheims verwenden konnte.


Letztendlich habe ich mir einen Internetstick besorgt. Selbst dafür benötigte ich den Codice fiscale und meinen Personalausweis. Das war für als Deutsche sehr ungewöhnlich.

Dies war erst der Anfang. Zu sehen, wie Italien außerhalb von Urlaub, Eis, Sonne, Meer und Pizza sein kann und wie sich die Situation für mich zuspitzte, lest ihr im nächsten Bericht.
Original