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Qualitätsjournalismus: ein Relikt der Vergangenheit?

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Gut recherchierte Geschichten, exklusive Inhalte und neutrale Berichterstattung - das zeichnet echten Qualitätsjournalismus aus. Doch wie nie zuvor steht die Medienlandschaft unter Beschuss. Ob FakeNews, drastisch sinkende Auflagen oder intelligente Chatbots, die eigene Artikel kreieren - die Medienwelt befindet sich in einem Umbruch. Doch die Krise hält auch Chancen bereit.

Zwischen FakeNews und Vergessen Zunehmend bestimmen soziale Netzwerke und unabhängige Influencer die öffentliche Meinungsbildung. Eine Entwicklung, die nicht wenigen etablierten Parteien (oder Medienunternehmen) ein Dorn im Auge ist. Qualitätsjournalismus, der Sachverhalte beleuchtet, diese in einen gesellschaftlichen Kontext bringt, und den Anreiz zu einer eigenständigen Meinungsäußerung liefert, scheint in den Augen vieler zu einer Rarität geworden zu sein. Doch tragen Inhalte, die nicht durch renommierte Verlage und Medien erstellt werden auch zur demokratischen Meinungsbildung bei? Definitiv. Ernst wird es nur, wenn nicht mehr einzuordnen ist, ob die Nachricht falsch oder wahr ist. Besonders dramatisch wurde dies bei der Kommunikationsplattform Facebook zuletzt deutlich.

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Diese versucht nun mit "Tipps zum Erkennen von Falschmeldungen" Nutzer auf zweifelhaften Content aufmerksam zu machen und zu trainieren, damit dieser sich kritischer mit den veröffentlichten Nachrichten auseinandersetzt. Auch mit dem von Justizminister Heiko Maas verabschiedeten Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) soll eine Grundlage geschaffen werden, um schnelle Löschung problematischer Inhalte zu gewährleisten. Alternativ beweisen Kommunikationsnetzwerke wie Snapchat und Instagram, dass Medien auch ohne Texte, doch mit emotionaler und visueller Signalkraft, eine hohe Resonanz im Benutzermix der Konsumenten genießen können. Gerade, weil diese Medien dem Emotionalen und dem Visuellen den Vorgang geben - doch welchen Platz hat da noch echter Qualitätsjournalismus?

Mut und Flexibilität sind gefragt Der Kostendruck, ausgelöst durch die Digitalisierung von Informationen, geht nicht spurlos an den Verlagen und der Qualität der Medienberichterstattung vorbei. Mehr und mehr Redakteure bekannter Zeitungen sind maßlos überlastet und übernehmen Fremdtexte ungefragt - ein fragwürdiges Verhalten. Auch dies belastet die Reputation der Medien seit Jahren. Für Nabil Wakim, Leiter für Redaktionelle Innovationen bei der französischen Traditionszeitung „Le Monde" ist der Wandel spürbar und direkt: „die Rechtfertigung traditioneller Medien basiert darauf, dass Menschen zu ihnen kommen. Medien müssen Inhalte nicht mehr zwingend auf eigenen Seiten veröffentlichen. Ein Medienunternehmen kann sehr erfolgreich sein, ohne Menschen direkt auf die eigene Website zu ziehen" und nennt AJ+ als Positivbeispiel hierfür.

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Er spricht sich dafür aus, dass seine Journalistenkollegen nicht nur potenzielle Inhalte genauer prüfen, sondern ebenso die Etablierung von Redaktionskonferenzen und Diskussionsrunden forcieren. Zugleich sollte auch die Öffentlichkeit transparent darüber informiert werden, was in anderen Medienhäusern passiert. „Innovation sollte vor allem aus unserem Inneren entstehen, durch unsere Mitarbeiter" so Innovationsexperte Wakim. Eine offene Kommunikation der Medienhäuser und eine damit verbundene zunehmende Transparenz dieser ist essentiell für die Entwicklung. Damit Traditionsmedien auch weiterhin überleben, müssen sie nun mit innovativen und ausgeklügelten Ideen und inspirierenden Events brillieren und sollten sich auch externen Plattform wie Instagram oder YouTube öffnen, um der ganzen Couleur der Leser zu entsprechen und den aktuellen Zeitgeist nicht zu verpassen.

Chatbots: Künstliche Intelligenz auf dem Vormarsch Neben den bereits bestehenden Trends der Digitalisierung machen seit kurzem auch Maschinen den traditionellen Medien Konkurrenz. Dies wurde besonders auf der Zukunftsmesse SXSW 2017 heiß diskutiert. Selbst hinter Siri oder Amazon Alexa steckt nichts anderes als intelligente Chatbots. Sophie Kleber, Executive Director für Produkt und Innovation der Digitalagentur Huge, prophezeit einen maßgeblichen Wandel im Bereich des Marketings und der Kommunikation: „In Zukunft wird der wichtigste Kontaktpunkt zwischen einer Marke und ihren Kunden ein akustischer Bot ohne grafische Elemente sein." Infolgedessen werden Bots dann etwa maßgeschneiderte und sogar aus fremdsprachigen Quellen stammende Inhalte aufbereiten. Mehr und mehr werden damit diesen kuratierten Inhalte für den jeweiligen Leser entstehen und mit den etablierten Zeitschriften und Online-Medien in Konkurrenz treten.

Es wäre dennoch übertrieben, dem traditionellen Journalismus eine dystopische Vision aufzumalen. Zu sehr bietet der zeitliche Wandel Redakteuren und Traditionsmedien eine Chance, ihre bisherigen Erfahrung als Komplement zu den neuen aufstrebenden Informationskanälen zu nutzen. Denn in dem Wandel bietet sich auch eine große Chance für Redakteure, die ihr Handwerk verstehen. Gut recherchierte Stories, die ganz neue Silhouetten erkennen lassen, werden im Wetteifern mit der künstlichen Intelligenz zunehmend an Wert gewinnen. Was wir brauchen, ist kritischer und flexibler Journalismus, der gerne Farbe bekennt. Redakteure müssen nun wie nie zuvor mit Transparenz sowie Offenheit für neue Kommunikationskanäle und Dialogformen punkten.

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