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Wirtschaftsflaute, Abstiegsangst, Ampelstreit und AfD-Aufschwung – vor diesem Hintergrund war klar, bei der Generaldebatte im Bundestag würde es mehr als in anderen Jahren ums große Ganze gehen. Und so kam es auch.
Olaf Scholz, Bundeskanzler
»Wir brauchen eine nationale Kraftanstrengung. Lassen Sie uns unsere Kräfte bündeln. Beweisen wir den Bürgerinnen und Bürgern, wozu unser Land, unser Föderalismus und unsere Demokratie imstande sind. Viele im Lande warten geradezu sehnsüchtig nach einem solchen Schulterschluss. Und ich möchte Ihnen deshalb einen Pakt vorschlagen, sagen wir einen Deutschland-Pakt. Ein Deutschland-Pakt, der unser Land schneller, moderner und sicherer macht. Tempo statt Stillstand. Handeln statt Aussitzen. Kooperation statt Streiterei.«
Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender
»Herr Bundeskanzler, beschweren Sie sich nicht über die Stimmung. Das ist genau die Stimmung, die Sie mit Ihrer Koalition in Deutschland herbeiführen – und daran müssten Sie grundlegend etwas ändern, wenn sich in diesem Land zum Besseren etwas wenden soll.«
Das Rededuell zwischen Scholz und Merz erreicht beim Thema Bundeswehr seinen Höhepunkt – der CDU-Chef fordert den Kanzler heraus.
Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender
»Vor diesem Hintergrund war es richtig, dass Sie, Herr Bundeskanzler, in Ihrer Regierungserklärung vom 27. Februar des letzten Jahres versprochen haben, ab sofort 2 % unserer Wirtschaftsleistung in die Bundeswehr zu investieren und ein zusätzliches schuldenfinanziertes Sondervermögen von 100 Milliarden € für die Beschaffung großer, langjährig zu finanzierender Waffensysteme für unsere Streitkräfte zu errichten. Stattdessen sehen wir jetzt einen weitgehend unveränderten Verteidigungsetat und spätestens im Jahr 2027 klafft dann eine Lücke von mindestens 30 Milliarden € im Verteidigungshaushalt, von der Sie heute am Tag keinen Gedanken und keine Ahnung haben, wie Sie diese Lücke denn füllen wollen.«
Olaf Scholz, Bundeskanzler
»Ich will ganz ausdrücklich sagen: Es funktioniert nicht mit den Popanzen in dieser Republik. Und der wichtigste Popanz, den Sie eben aufgebaut haben, hat etwas zu tun mit der Aufkündigung eines Konsenses, den wir hier mit Zweidrittelmehrheit, sogar etwas mehr, gefasst haben, als wir das Sondervermögen für die Bundeswehr beschlossen haben. Sie kündigen den gerade auf, und Sie werden dem Ernst der Lage, der mit der Zeitenwende, die der russische Angriffskrieg auf die Ukraine darstellt, überhaupt nicht gerecht mit ihrer nur rhetorisch gemeinten Rede. Es war eine Koalition unter CDU-Führung, die die großen Sparprogramme bei der Bundeswehr gemacht haben. Don’t forget, never forget! 2010. Vergessen Sie's nicht. Sie waren das!«
Auch beim Thema Arbeit und Sozialleistungen ging es zur Sache.
Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender
»Wir würden das sogenannte Bürgergeld so ausgestalten, dass sich Arbeit mehr lohnt als der Bezug von staatlichen Transferleistungen. Ich verstehe, dass Sie hier sehr nervös reagieren. Aber das ist doch die Wahrheit, die wir im Augenblick sehen. Die Menschen gehen nicht zurück in die Beschäftigung, weil sie sich ausrechnen können, dass sie mit staatlichen Transferleistungen am Ende des Jahres mehr herausbekommen, als wenn sie in einer einfachen Beschäftigung arbeiten und Sozialversicherungsbeiträge und Steuern bezahlen müssen. Das sind nicht die Menschen, die zu faul sind. Die Menschen können einfach rechnen. Im Gegensatz zu manchen von Ihnen. Die können rechnen.«
Olaf Scholz, Bundeskanzler
»Sie haben einen merkwürdigen Leistungsträgerbegriff. Ich glaube, der fängt [bei Ihnen] erst ab 120.000 € im Jahr an und Leute, die arbeiten und jeden Tag berufstätig sind und 40 Stunden, 45 Stunden die Woche arbeiten, zählen bei Ihnen nicht dazu. Deshalb haben Sie hier mal so schlankweg vorgeschlagen, dass Leute, die viele Jahrzehnte berufstätig waren, nicht mehr ein paar Jahre früher ohne Abschläge in Rente gehen können. Übrigens, ja, zwei Jahre vorher als alle anderen. Das finden Sie eine Bedrohung für das Zusammenleben in Deutschland, dass so fleißige Leute diese Möglichkeit haben? Was für ein Leistungsbegriff ist das bei Ihnen?«
Die große Abrechnung ist dann vorbei, was bleibt ist Scholz’ Aufruf zur Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg, sein sogenannter Deutschland-Pakt. Fortsetzung folgt.
(06.09.2023)
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