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Der Existenzangst eine reinhauen

Von Agnes Striegan

Wenn Menschen bei der Buchhandlung Moths in München ein Buch kaufen, sieht das momentan so aus: Regina Moths, die Inhaberin, legt das Buch vor die Tür, sie und ihre Kunden winken sich durch die Glasscheibe zu. Nächste Woche darf der Laden endlich wieder öffnen. Dann werden vor der Tür ein Tischchen mit Desinfektionsmittel und zwei Hocker mit Lyrikbänden stehen, für die Wartenden: In den Laden lassen sie nur vier Kunden gleichzeitig. Ob damit das Schlimmste überstanden ist, will Regina Moths noch gar nicht so genau wissen. Erst mal arbeiten, wieder Struktur reinbringen. Die vergangenen Wochen waren nicht normal, "aber auch nicht schlecht", sagt die Buchhändlerin. Trotz zusammenbrechender Internetserver, trotz Existenzangst. "Das ist die größte Herausforderung, in den Ring zu steigen und zur Existenzangst zu sagen, komm aus der dunklen Ecke, ich hau dir eine rein. Ganz damenhaft, selbstverständlich." Aber irgendwie macht ihr das Improvisieren auch Spaß. Wäre doch gelacht.

Die Buchhandlung Moths ist eigentlich eine, die man durchstöbert, das Sortiment ist ausgesucht, besonders. Stöbern konnte man bei Moths auch vor zwanzig Jahren schon online - jetzt musste es allein aus der Ferne klappen. Und das ging, "wir werden von unseren Kunden ans Herz gedrückt, dafür bin ich dankbar", sagt Regina Moths. Sie wandert mit dem Telefonhörer durch den Laden und berät, packt mit ihren Mitarbeiterinnen den ganzen Tag Pakete, schreibt Rechnungen, bespielt Instagram, redet, tröstet, recherchiert.

Bücher, "das sind einige der wenigen Dinge, für die man keinen Platz benötigt, und sich, sanft am Revers gefasst, in weite Welten führen lassen kann", sagt Regina Moths. "Durch Vorlesen lassen sich Kinder zur Ruhe bringen - und die Erstarrung vom Starren in bewegte Bilder lösen." Und die Menschen wissen ihr Engagement zu schätzen: Vor einigen Tagen klopfte eine Mitarbeiterin des Weinhandels "Walter & Benjamin", der ein paar Straßen weiter ist. Sie brachte eine Flasche Champagner, von einer Kundin.

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