Elisabeth Werder

Freie Journalistin & Texterin, Diespeck

3 Abos und 0 Abonnenten
Artikel

Facebook als Karrierebooster

Jobsuche mit Social Media: Bei Facebook, Twitter und Instagram denkt man im ersten Moment nicht an eine Jobbörse. Ein zweites Mal hinschauen lohnt sich, denn nirgendwo sonst lässt sich die eigene Expertise so schnell und einfach präsentieren.

Text: Elisabeth Werder

Die Corona-Pandemie hat für einen regelrechten Boom der Digitalisierung im Recruiting gesorgt. Und das gilt für beide Seiten: Sowohl Unternehmen als auch Jobsuchende setzen vermehrt auf digitale Optionen. Deshalb kann es sich lohnen, Social Media für die Jobsuche zu nutzen. Die wichtigste Unterscheidung ist die zwischen Business-Plattformen, das sind in der DACH-Region vor allem LinkedIn und Xing, und persönlichen sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter und Instagram.

Arbeitgeber*innen präsentieren sich mittlerweile häufig auf mehreren Kanälen, so kann man schnell einen Eindruck über die Unternehmenskultur oder von den potenziellen Kolleg*innen erhalten. Die Plattformen unterscheiden sich von der Art der Inhalte: Bei Facebook geht es vor allem um Austausch, zum Beispiel in themenspezifischen Gruppen, während bei Instagram der Schwerpunkt auf visuellen Inhalten, wie Fotos und Videos, liegt. Twitter gibt als Kurznachrichtendienst tagesaktuelle und komprimierte Zusammenfassungen fachspezifischer Informationen.

Die Online-Jobsuche funktioniert

Claudia Lorber ist Autorin, Bloggerin und Recruiting-Strategin. Ihre Einschätzung lautet, dass es sich auf jeden Fall lohnt, klassische Social-Media-Kanäle für die Jobsuche zu nutzen: „So wie sich zum Beispiel das Einkaufen von Lebensmitteln oder die Buchung von Tickets mittlerweile in die Online-Welt verlagert hat, ist dies natürlich auch im Zusammenhang mit Jobs und Karriere der Fall. Es gibt nicht mehr nur die Online-Jobbörsen, sondern man kann und sollte alle Social-Media-Kanäle dafür nutzen.“

Die Betonung liegt dabei auf Nutzen, denn allein durch das Anlegen eines Profils ist es nicht getan. Wer tatsächlich beruflich von Social Media profitieren möchte, muss Zeit investieren, um das eigene Profil aktuell zu halten und sich aktiv mit anderen Mitgliedern der Community zu vernetzen. Wer kommunikative Stärke besitzt, kann so Kontakte knüpfen, die offline nicht möglich wären. Optimiert man das eigene Profil, zum Beispiel mit einem professionellen Foto, und stellt Kompetenzen durch Arbeitsproben oder Fachbeiträge heraus, ist ein solider Grundstein für die Jobsuche via Social Media gelegt. Wer hingegen die sozialen Medien ausschließlich privat nutzen möchte, sollte die Privatsphäre-Einstellungen der jeweiligen Profile überprüfen und anpassen.

Unterschiedliche Schwerpunkte

Die Nutzung der Kanäle für die Jobsuche unterscheidet sich je nach Plattform. Während Facebook und Instagram vor allem zur positiven Präsentation der eigenen Fähigkeiten und von Arbeitsproben dienen, gilt es auf Twitter vor allem mit tagesaktuellem Fachwissen zu glänzen. Wer zum Beispiel durch einen geschickten Re-Tweet auf sich aufmerksam macht, lenkt die Aufmerksamkeit von Recruiter*innen auf sich und erhöht die Chancen für eine nachfolgende (Initiativ-)Bewerbung.

Unterschiede bei der Zielgruppe gibt es weniger in der Branche oder Region, dafür eher im Alter: „Auf Facebook sind eher Menschen mit Berufserfahrung anzutreffen, während Instagram eine jüngere Zielgruppe anspricht. Da ist es auch für Recruiting-Verantwortliche nicht immer so einfach, zwischen all den möglichen Plattformen die Richtige auszuwählen“, weiß Lorber.

 

Facebook Jobs

Natürlich wissen auch die Plattformen selbst, dass sie unter anderem für die Jobsuche genutzt werden. Facebook zum Beispiel hat dazu klare Regeln: „Recruiter*innen dürfen nicht einfach jemanden anschreiben und ein Job-Angebot offerieren. Aber es gibt zum Beispiel Gruppen, in denen Jobs für bestimmte Zielgruppen, wie Student*innen oder mit regionalem Fokus, veröffentlicht werden. Darauf kann man sich dann direkt bewerben“, weiß Lorber.

Auch die Funktion Facebook Jobs, welche es seit dem Frühjahr 2018 gibt, unterstützt bei der Stellensuche: Über den Marketplace der Social Media-Plattform können Jobangebote aus der Region abgerufen werden. Ein Filtern nach Art des Jobs, Branche und Entfernung ist möglich. Wer eine interessante Stellenausschreibung entdeckt, kann direkt den Bewerbungsprozess anstoßen: Per Klick auf den Button „jetzt bewerben“ öffnet sich ein Bewerbungsformular, welches bereits mit einigen Daten und Karrierestationen gefüllt ist. Diese Daten stammen aus dem persönlichen Profil und sollten vor dem Abschicken unbedingt überprüft und ergänzt werden.

Twitter und Instagram

Twitter ist zugegebenermaßen eine Nische auf dem Stellenmarkt, aber genau darin liegt der Vorteil: Durch die Nutzung kann man sich als Expert*in positionieren, was zum Beispiel bei Jobs mit Schwerpunkt technischer Kommunikation von Vorteil sein kann. Auch für Marketing-, PR- oder Pressejobs ist Twitter geeignet. Viele Unternehmen, von Forschungsinstituten über Kommunen bis zu Consulting-Agenturen, posten ihre Jobangebote auf Twitter. Wer angemeldet ist, kann Follower der favorisierten Arbeitgeber*innen werden und dadurch auf dem Laufenden gehalten. Oft werden auch Hinweise auf Jobmessen oder Recruiting Events geteilt.

Die Plattform Instagram lebt von hochwertigen visuellen Inhalten – ist also der ideale Marktplatz für kreative Köpfe. Außergewöhnliche Stellenanzeigen wie Rätsel in Bildform, Bildcollagen mit personenförmiger Leerstelle und dem Hinweis „this could be you“ oder ein Video, bei dem potenzielle Kolleg*innen ihren Arbeitsplatz vorstellen, ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. Als kreativer Jobsuchende*r sollte man die eigenen Qualitäten in Szene setzen: Wer zum Beispiel Fotograf*in, Illustrator*in oder Grafikdesigner*in ist, kann mit hochwertigen Arbeitsproben im Feed überzeugen und damit Bonuspunkte sammeln.

Potenziell bessere Arbeitsmarkt-Chancen

Auf die Frage, ob die Nutzung der Kanäle die Erfolgschancen auf dem Arbeitsmarkt steigert, kann Lorber keine allgemeingültige Antwort geben: „Das hängt davon ab, ob Recruiter*innen oder Führungskräfte die Kanäle selbst nutzen. Das tun, zumindest meiner Erfahrung nach, noch nicht 100 Prozent. Aber es werden immer mehr, und das aus gutem Grund: Nirgendwo anders kann man so schnell und einfach seine Expertise sichtbar machen, beispielsweise durch das Teilen von Fachbeiträgen oder das zur Verfügung stellen von eigenen Fachinhalten. Und das gilt natürlich für beide Seiten.“

Diesen Trend bestätigt auch die Studie „Recruiting Trends 2020“, welche von den Universitäten Bamberg und Erlangen-Nürnberg im Auftrag der Jobbörse Monster durchgeführt wurde. Dabei wurden 1.000 der größten deutschen Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen zum Thema Personalgewinnung befragt. Im Vergleich von 2019 zu 2020 lässt sich feststellen, dass die Social-Media-Aktivitäten von Unternehmen zunehmend professioneller und strategischer ausgerichtet sind: Demnach haben vier von zehn, und damit knapp doppelt so viele Unternehmen wie im Vorjahr, eine explizite Strategie für den Einsatz von Social Media in der Personalbeschäftigung.

 

Recruiting und Active Sourcing

Social Media wird sowohl im Recruiting als auch im Active Sourcing (aktive Suche der Unternehmen und individuelle Ansprache von passenden Kandidat*innen) verwendet. Die Effektivität dieser Aktivitäten hängt maßgeblich davon ab, ob die relevanten Informationen bei der Zielgruppe ankommen, also von einer strategischen Nutzung von Social Media. Dazu gehören zum Beispiel dezidierte Mitarbeiter*innen für die Pflege der Kanäle, die Abstimmung mit anderen Personalbeschaffungsaktivitäten, eine explizite Social Media-Strategie mit Redaktionsplan und Maßnahmen zur Erfolgsmessung.

Auf die Frage innerhalb der Studie, was Recruiter*innen mit einer Stunde mehr Zeit gerne machen würden, antworteten diese in den Top 5-Antworten mit „Optimierung und Ausbau der Social-Media-Aktivitäten“ und „Pflege des Unternehmensprofils auf Social Media“. Eine weitere spannende Erkenntnis: Zwei von zehn Kandidat*innen haben ihren letzten Job deshalb gewechselt, weil sie ein Unternehmen direkt angesprochen hat, obwohl sie gar nicht aktiv auf Stellensuche waren.

Druck im Bewerbungsprozess

Sechs von zehn Kandidat*innen sehen es als positiv, wenn Unternehmen Social Media für die Personalbeschaffung einsetzen. Gleichzeitig nimmt für einen Teil der Kandidat*innen die Relevanz von Social Media ab. Insgesamt die Hälfte der Jobsuchenden denkt, es werde von ihnen im Rahmen des Bewerbungsprozesses erwartet, dass sie sich mit Hilfe von Social Media über Karrierethemen informieren.

Die Social Media-Kanäle, deren Wichtigkeit in den letzten fünf Jahren am stärksten zugenommen hat, sind Karrierenetzwerke, Spezialistenforen und Blogs sowie Facebook. Diese Kanäle werden gleichzeitig vom größten Anteil der befragten Kandidat*innen häufig zur Jobsuche verwendet: Jede*r Vierte sucht auf einem Karrierenetzwerk. Bei einem Blick in die Zukunft lässt sich feststellen, dass die Befragten davon ausgehen, in zehn Jahren karrierebezogene Social Media-Kanäle häufiger zu nutzen und Social Media-Kanäle für die überwiegend private Nutzung seltener.

--

Social Media auf einen Blick

Zielgruppe: vor allem Akademiker*innen, sie sich in einem lockeren Bewerbungsprozess befinden oder nicht akut auf Jobsuche sind, sondern über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten werden und ihr Netzwerk erweitern möchten

Verbreitung:

·         Facebook: 3 Milliarden täglich aktive Nutzer*innen weltweit

·         Instagram: 1 Milliarde täglich aktive Nutzer*innen weltweit

·         Twitter: 199 Millionen täglich aktive Nutzer*innen weltweit

Kosten: kostenlose Nutzung der Kanäle möglich, keine kostenpflichtigen Zusatzoptionen für die Jobsuche vorhanden

Zusatzoptionen: Facebook Jobs als regionale Jobbörse, bei Twitter und Instagram keine Zusatzoptionen für die Jobsuche vorhanden

Stärken: niedrigschwellige Möglichkeit, um mit Unternehmen oder potenziellen Kolleg*innen in Kontakt zu kommen; einfache Positionierung als Expert*in durch inhaltliche Beiträge und strategische Präsentation sowie fachlicher Austausch möglich

Schwächen: für die gezielte Jobsuche nur bedingt geeignet, besser als Informationsquelle im Bewerbungsprozess und zum Netzwerken