Elisabeth Werder

Freie Journalistin & Texterin, Diespeck

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Akademiker*innen verdienen besser

Über Geld spricht man nicht - es sei denn, es geht um das eigene Gehalt. In diesem Fall lohnt es sich, das Gespräch mit Kolleg*innen oder Vorgesetzten zu suchen oder im Internet zu recherchieren. Warum, weiß Lohnexperte Dr. Malte Lübker.


Text: Elisabeth Werder


Wenn man das gleiche tut wie die Kollegen nebenan, heißt das noch lange nicht, dass man auch dasselbe bezahlt bekommt. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Auswertung des Portals Lohnspiegel.de, das vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung betreut wird. Demnach gibt es fünf wesentliche Einflussfaktoren auf die Gehaltshöhe: Die Qualifikation, das Geschlecht, das Bundesland der Anstellung, die Betriebsgröße und ob nach Tarifvertrag bezahlt wird.


„Berücksichtigt man diese Faktoren alle gemeinsam, können die Lohnunterschiede erheblich sein und sich im Jahr auf mehrere tausend Euro belaufen“, sagt Dr. Malte Lübker vom WSI. Das Institut hat für die Studie mehr als 62.000 Datensätze von Nutzer*innen des nicht-kommerziellen Portals Lohnspiegel.de ausgewertet. Ein relevantes Ergebnis ist der erhebliche Unterschied zwischen verschiedenen Bundesländern: „Wenn Sie von Thüringen nach Baden-Württemberg umziehen, bekommen Sie im gleichen Berufsfeld und mit gleicher Berufserfahrung statistisch gesehen mehr Gehalt“, so Lübker.


Frauen verdienen schlechter


Auch die Betriebsgröße spielt eine entscheidende Rolle: Bei weniger als 100 Beschäftigten liegen die Gehälter ca. 6 Prozent unter denen in mittelständischen Betrieben mit 100 bis 500 Beschäftigten. In einem Großunternehmen werden hingegen durchschnittlich 9 Prozent mehr bezahlt. Unabhängig von der Betriebsgröße lohnt es sich, für eine Bezahlung nach Tarifvertrag zu kämpfen: Hier liegt das Lohnplus bei durchschnittlich 11 Prozent.


Auf das Geschlecht hat man wenig Einfluss, Auswirkungen auf dem Gehaltszettel hat es trotzdem: „Frauen verdienen bei gleicher Berufserfahrung im gleichen oder einem engverwandten Beruf mit dem gleichen Anforderungsniveau unter auch sonst vergleichbaren Bedingungen etwa 8 Prozent weniger als Männer“, sagt Lübker. Dieses strukturelle Problem muss gesellschaftlich angegangen werden.


Akademiker*innen verdienen grundsätzlich deutlich mehr als andere Berufsgruppen. Ein Hochschulabschluss bringt innerhalb des gleichen Berufsfeldes einen Gehaltszuwachs von rund 41 Prozent. „Die Berufserfahrung spielt bei komplexen Tätigkeiten, für die ein Hochschulstudium erforderlich ist, eine besonders große Rolle: Weil die Lernkurve durch das Sammeln von Erfahrungen während der gesamten Erwerbstätigkeit weiter steigt, steigt auch das Gehalt über lange Zeit hinweg“, so Lübker.


Rechtliche Konsequenzen möglich


Um herauszufinden, inwiefern sich das eigene Gehalt von den Gehältern der Kolleg*innen unterscheidet, rät Lübker als erste Maßnahme zu einem persönlichen Gespräch. „Es ist nach wie vor ein Tabu über Gehälter zu sprechen, dabei würde mehr Transparenz allen helfen. Sollte es zum Beispiel keinen Tarifvertrag geben, wäre hier ein erster Ansatzpunkte gegeben“. Wer handeln möchte, kann sich an den Betriebsrat wenden oder sogar rechtliche Schritte auf Grundlage des Entgelttransparenzgesetzes einleiten. Ein niederschwelliges Angebot, um das eigene Gehalt mit dem von anderen Beschäftigten mit ähnlichem Profil zu vergleichen, ist der Lohn- und Gehaltscheck auf Lohnspiegel.de.


Neben den fünf genannten Bestimmungsfaktoren gibt es eine Reihe von weiteren Einflüssen auf die Gehaltshöhe: Zum Beispiel das Berufsfeld, gesammelte Berufserfahrung oder Leitungsverantwortung. Trotzdem sollte das Gehalt nicht der einzige Grund für oder gegen eine Stelle sein, mindestens genauso wichtig sind die täglichen Aufgaben und das Betriebsklima. Nur wer sich in seinem Arbeitsumfeld wohlfühlt, leistet gute Arbeit.[1]