Elisabeth Werder

Freie Journalistin & Texterin, Diespeck

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Interview

Social Media als Erfolgs-Katalysator

Der Erfolg eines Unternehmens steht und fällt unter anderem mit der Community. Auch und gerade in Zeiten von Corona. Warum PR-Expert*innen schon vor der Krise einen Notfallplan entwickeln sollten, verrät Torsten Panzer im Gespräch mit WILA Bonn.


Interview: Elisabeth Werder



WILA Arbeitsmarkt: Herr Panzer, warum ist eine Internet- oder Social-Media-Präsenz heutzutage so wichtig für den Unternehmenserfolg?


Torsten Panzer: Über die Hälfte der Weltbevölkerung ist auf Social Media aktiv. In Deutschland sind es sogar knapp 80 Prozent.[1] Ein Unternehmen, dass diese Zielgruppen-Reichweite bisher nicht nutzt, sollte zumindest darüber nachdenken. Social Media funktioniert wie ein Katalysator für den Kontakt zu anderen Menschen: Das können potentielle Kund*innen sein, aber auch zu Journalist*innen, Politiker*innen und anderen Multiplikator*innen. Ein Beispiel dafür, wie mein seine eigene Botschaft via Social Media in die klassischen Medien implementieren kann, ist der Twitter-Account von Donald Trump.


Gibt es eine goldene Regel, die PR-Expert*innen im Umgang mit Social Media beachten sollten?


Jedes Unternehmen möchte eine Botschaft an seine Zielgruppe senden, in der Regel „ich bin toll, kauf mich“. Das reicht aber nicht mehr, denn das machen ja alle. Durch Social Media kann heute jeder selbst recherchieren, seine Meinung öffentlich machen oder nach Erfahrungsberichten suchen. Entscheidend ist also nicht mehr, was das Unternehmen sagt, sondern was andere Leute sagen. Wenn ein Unternehmen diese Mechanismen nutzen will, muss es Inhalte bieten, die einen Mehrwert für die Zielgruppe bieten. Sie müssen denken wie ein Journalist und Content produzieren, der für die eigene Zielgruppe relevant, interessant und unterhaltsam ist.


Das bedeutet, es geht heute vor allem um Emotionalität?


Durch den Aufschwung von Social Media gab es in der Vergangenheit eine signifikante Machtverschiebung, weg vom Unternehmen und hin zum Konsumenten; die sogenannte Customer Centricity. Vor 20 Jahren hat man auf die Empfehlung vom Reisebüro vertraut, wenn man eine Reise machen wollte, und vielleicht noch Bekannte gefragt, die schon einmal vor Ort waren. Heute kann jeder selber recherchieren und sich bei verschiedenen Reiseanbietern, auf Blogs, Social Media-Profilen oder über Suchmaschinen informieren. Dadurch hat der Konsument unheimlich viel Macht. Das bedeutet im Umkehrschluss für ein Unternehmen, dass es viele Empfehlungen braucht, denen die Konsumenten vertrauen können.


Was sollte man als PR-Praktiker tun, wenn das Unternehmen eine schlechte Bewertung bekommen hat?


Grundsätzlich gilt meiner Meinung nach: Ehrlichkeit währt am längsten.  Wenn es ein öffentliches Problem gibt, kann man das normalerweise nicht mehr verstecken oder unter den Teppich kehren, weil irgendjemand schreibt, bloggt oder twittert es sowieso. Wenn man Aufmerksamkeit haben möchte und mit Leuten ins Gespräch kommen, kann man emotional und polarisierend sein. Wenn man kritisiert wird, empfehle ich lieber, rational zu handeln und kein Öl ins Feuer zu gießen. Stattdessen sollte man den Vorwürfen respektvoll, transparent und offen begegnen. Ideal wäre zum Beispiel, sich für seinen Fehler zu entschuldigen, Transparent über den Lösungsvorgang zu sein und in Aussicht zu stellen, bis wann das Problem gelöst sein wird. Manchmal kann man sich auch für Kritik bedanken und sagen, dass man etwas daraus gelernt hat.


Wie kann man sich auf eine Krise, wie zum Beispiel einen Shitstorm, vorbereiten?


Einen Krisenfall kann man in der Regel nicht vorhersehen, wenn zum Beispiel ein Flugzeug über einem Atomkraftwerk abstürzt weiß das vorher niemand. Aber ein Atomkraftwerk weiß, dass es Kritiker gibt und deshalb kann es vorher „was wäre, wenn“ spielen. In jeder Krise ist Zeit der entscheidende Faktor: Heutzutage wird erwartet, dass man sich innerhalb von 24 Stunden Stellung nimmt. Tut man das nicht, bleibt viel Spielraum für Spekulationen. Deshalb sollte jedes Unternehmen einen Krisenplan in der Schublade haben, darin ist klar festgelegt: Wer spricht, was sagen wir, was machen wir im Falle einer Krise? Wenn man so einen Plan nicht hat, reagiert man entweder viel zu spät oder man ist zu emotional und rennt deshalb ins offene Messer. Bei einem statischen Thema oder Produkt reicht es in der Regel, einen solchen Krisenplan einmal zu entwickeln. Wenn sich das Unternehmen wandelt, sollte auch der Plan ein Update erhalten.