Elisabeth Werder

Freie Journalistin & Texterin, Diespeck

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Individuelle Unterstützung bei Weiterbildungen

Das Berufsfeld „Weiterbildungen“ bietet nicht nur Chancen für Referentinnen oder Coaches, sondern auch für sogenannte Bildungsbegleiter*innen: Als Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis behalten sie alles im Blick.


Text: Elisabeth Werder


Es ist ein klassischer Job für Generalisten, was Bildungsbegleiter*innen tun: Sie unterstützen Interessierte bei der beruflichen Orientierung und bei der Suche nach (Weiter-)Bildungsmaßnahmen. Und zwar auf verschiedenen Ebenen, von der Berufswahl über die Planung und Organisation von Qualifizierungsmaßnahmen bis hin zur Integration auf dem Arbeitsmarkt.


Der Beruf der Bildungsbegleiter*in ist noch relativ neu: Von 2001 bis 2004 wurde das zugehörige Fachkonzept vom Institut für berufliche Bildung, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik (INBAS GmbH)(1) wissenschaftlich ausgearbeitet und in 24 Modellregionen erprobt. Anschließend wurde es bundesweit umgesetzt und 2009 noch einmal grundlegend reformiert.


Ursprünglich wurde das Fachkonzept entwickelt, um Jugendlichen und Schulabgängern bei der Erlangung von Ausbildungsreife und bei beruflicher Orientierung zu unterstützen. Mittlerweile hat sich das Berufsfeld weiterentwickelt. Berufsbegleiter*innen sind zum Beispiel auch in der Erwachsenenbildung tätig oder unterstützen Menschen mit Behinderung bei der beruflichen Qualifizierung.


Planen, fördern, kommunizieren


Die Aufgaben von Bildungsbegleiter*innen bestehen in der Regel aus drei Bereichen: „Die sozialpädagogische Begleitung und Betreuung, die Ausarbeitung und Durchführung von Workshops und administrativ-organisatorische Tätigkeiten“, erklärt Anja Kuisle. Sie hat Sozialwirtschaft im Bachelor studiert, sich während des Studiums in der offenen Kinder- und Jugendarbeit engagiert und nach dem Masterstudium als Bildungsbegleiterin beworben.


Seit September 2019 ist sie für ZukunftPlus e.V. am Standort München tätig und hilft vor allem jungen Menschen dabei, neue berufliche Perspektiven aufzutun. Der Verein bietet Vermittlungs- und Betreuungsangebote von der klassischen Berufsvorbereitung über Ausbildungen bis hin zu Umschulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen. ZukunftPlus e.V. ist bundesweit an 18 Standorten mit ca. 120 freien und festangestellten Mitarbeiter*innen tätig.


Wichtige Kompetenzen


Als Ansprechpartner*in für alles, was nicht die Lehre betrifft, sind Bildungsbegleiter*innen zuständig für die Planung und Umsetzung von Bildungsmaßnahmen. Sie finden das richtige Weiterbildungsangebot für ihre Teilnehmer*innen, behalten die Bedarfe aller Seiten im Blick, begleiten die Kurse und Angebote aktiv und vermitteln bei Bedarf weitere Kontakte. Sie dokumentieren die Anliegen aller Beteiligten in Einzel- und Gruppengesprächen präzise und klären sie lösungsorientiert.


Um all diese Aufgaben im Blick zu behalten und rechtzeitig gegenzusteuern, wenn es Probleme gibt, braucht man vor allem Organisationstalent. Aber auch Koordinationskompetenzen, zum Beispiel für die Vorbereitung, Durchführung und den Abschluss einer bildungsbegleitenden Maßnahme, sind von Nöten.

„Ohne eine eigenständige Arbeitsweise kommt man als Bildungsbegleiterin nicht weit“, weiß Anja Kuisle. „Teamfähigkeit, Kompetenzen in der Beratung und beim Methodencoaching sowie eine verantwortungsvolle Betreuung aller Beteiligten, auch durch Krisenzeiten hinweg, sind wichtige Kompetenzen. Man sollte lösungsorientiert und ressourcenorientiert arbeiten, immer wieder seine eigenen Entscheidungen und das eigene Handeln hinterfragen, um die Professionalität sicherzustellen und interkulturelle Kompetenzen mitbringen, um eine gute Bildungsbegleiterin zu sein.“


Bildungsbegleitung ≠ Bildungsberatung


Ein ähnliches Tätigkeitsspektrum umfasst die Bildungsberatung. Der Beruf unterscheidet sich insofern von dem der Bildungsbegleitung, dass Bildungsberater*innen darin unterstützen, Wege in Bildung und Beruf eigenständig zu gehen. Sie helfen dabei, sich über die eigenen Kompetenzen, Berufsperspektiven und Möglichkeiten klar zu werden und informieren über dahingehende Möglichkeiten. Die Umsetzung der Maßnahmen erfolgt von einem Bildungsdienstleister oder -träger und von der beratenen Person selbst, vorher endet die Zuständigkeit von Bildungsberater*innen.


„Die Erwartung an Arbeitnehmer*innen steigt ständig. Egal, auf welchem Qualifikationsniveau man sich befindet, irgendwann kommt man an einen Scheideweg: Entweder ich entwickle mich weiter oder der Weg endet hier. Und das muss gar nicht die große Karriere sein, aber wenn sich das Unternehmen wandelt und man seinen Job behalten möchte, muss man sich selbst bewegen, weiterentwickeln und mitwachsen. Weil das Angebot so umfangreich ist, braucht es Menschen, die einen Überblick haben und Orientierung bieten.“, erklärt Christine Döbler.


Sie ist Projektleiterin bei der Gesellschaft für Bildung und Teilhabe mbH (GesBiT) in Berlin und leitet eine von zehn über die Stadt verteilten Beratungsstellen zu Bildung und Beruf. Die dortige, trägerneutrale Beratung wird durch die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales mit Mitteln des Landes Berlin gefördert. Grundlage dieser Arbeit ist ein eigens entwickeltes Fachkonzept mit dem Namen „Gut informiert und beraten zu Bildung und Beruf in Berlin“ (mehr Infos: beratung-bildung-beruf.berlin).


Kommunikative Organisationstalente


Bei der GesBiT geht es um Bildungsberatung für Erwachsene – unabhängig von Herkunft, Alter oder Bildungsstand. „Bei uns geht es um Fort- und Weiterbildungen. Das beginnt bei grundlegenden Dingen, wie zum Beispiel Sprachkursen oder der Vermittlung von Praktika, und deckt das ganze bildungsrelevante Spektrum bis zum Hochschulstudium ab“, sagt Döbler. „Bildungsberatung ist vor allem Unterstützung. Die konkreten Angebote (und damit die Tätigkeiten) unterscheiden sich von Träger zu Institution.“


Bildungsberater*innen und -begleiter*innen kommen zum Beispiel aus der Pädagogik, Psychologie, Erziehungs- oder Bildungswissenschaft, Sozialwirtschaft, Soziale Arbeit, Berufspädagogik oder der Sozialwissenschaft. „Ein Hochschulstudium ist schon wichtig, weil es eine anspruchsvolle Tätigkeit ist, und es darf sehr gerne Pädagogik sein – aber mit der entsprechenden Berufserfahrung habe ich auch nichts gegen Quereinsteiger einzuwenden“, sagt Döbler. Sinnvolle Weiterbildungen sind zum Beispiel Kommunikationsberatung, lösungsorientiertes Coaching oder eine Mediatorenausbildung.


Sprachkenntnisse sind Voraussetzung


„Mir persönlich geht es vor allem um Erfahrung, das kann zu Beginn auch eine längere ehrenamtliche Tätigkeit sein, zum Beispiel im sozialen Bereich. Wichtig ist die Berufs- und Beratungserfahrung“, sagt Döbler. Auch Sprachkenntnisse seien entscheidend, weil die Teilnehmer*innen multikulturell sind: „Deutsch, Englisch und Französisch sind das Minimum. Eine weitere Fremdsprache wäre toll, sehr gefragt sind zum Beispiel türkisch, arabisch oder russisch.“


Auch ein eigener multikultureller Hintergrund sei laut Döbler von Vorteil: „In einer offenen Einrichtung wie der Unseren macht das Sinn, weil es manchen Gesellschaftsgruppen die Teilhabe einfacher macht, wenn sie sehen „das ist einer von uns“, das ist eine Sache des Vertrauensaufbaus.“ Sobald es (im Kontext der Corona-Pandemie) wieder möglich ist, wird die Beratung wieder mobil stattfinden: „Wer vor unserer Tür steht und um eine Beratung bittet, hat den Wert von (Weiter-)Bildung bereits erkannt. Menschen zu erreichen, die diesen Bedarf noch haben, ist ein weiteres Ziel.“


Berufliche Ergänzung


Eine Tätigkeit als Bildungsbegleiter*in ist in Teilzeit oder Vollzeit möglich und eignet sich dadurch zum Beispiel auch für den Neustart nach einer (corona-bedingten) Job-Pause oder nach der Elternzeit. Auch das Aufteilen einer Vollzeitstelle, zum Beispiel zur Hälfte in die Aufgaben der Bildungsbegleitung und zur Hälfte in Verwaltungs- oder bildungspraktische Tätigkeiten, ist denkbar.


Für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem zweiten oder dritten Sozialgesetzbuch gilt ein Tarifvertrag zur Regelung des Mindestlohns für pädagogisches Personal. Die Vergütung ist in der Regel auch der definierte Mindestlohn. Die für diesen Beitrag analysierten Stellen sind überwiegend in Befristung ausgeschrieben, begründet werden die Befristungen mit projektbezogenen und maßnahmenbezogenen Arbeitsstellen.


Mit Soft Skills im Bewerbungsgespräch punkten


Neben Fachwissen und ersten Erfahrungen in der Beratung sind vor allem Soft Skills entscheidend: Die Fähigkeit, Menschen motivieren und begeistern zu können, zum Beispiel. Dafür braucht es Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit, seine eigene Perspektive zu wechseln. „Mir persönlich hilft eine lösungsorientierte und ressourcenorientierte Arbeitsweise mit Ruhe und Geduld. Solche Themen sind zwar Bestandteil des Studiums, allerdings vertieft die Praxiserfahrung diese Kompetenzen nochmal“, weiß Anja Kuisle.


Sich situativ schnell an das Gegenüber anzupassen, niedrigschwellige Zugänge zu ermöglichen und in persönlichen Gesprächen sowie bei telefonischer oder Online-Beratung gleichermaßen souverän zu agieren, sind weitere wichtige Schlüsselqualifikationen. Pluspunkte im Bewerbungsprozess sind Interesse an Digitalisierungsthemen, Sicherheit im Umgang mit Online-Beratungstools und Erfahrungen im Bereich Qualitäts- oder Konflikt- und Beschwerdemanagement. Das notwendige spezifische Fachwissen, zum Beispiel über das jeweilige Schul- und Ausbildungssystem oder wie Behördenanträge ausgefüllt werden müssen, lassen sich durch Praxiserfahrung aneignen.


Nachhaltig Einfluss nehmen


Anja Kuisle trifft sich regelmäßig mit den jungen Erwachsenen, die sie bildungstechnisch begleitet. Einzeln für Förderplan- und Entwicklungsgespräche, beim Praxisbesuch im Betrieb vor Ort oder in der Gruppe, um Methoden und Sozialkompetenz zu lehren. Bei diesen Workshops geht es zum Beispiel ums Lernen lernen, Bewerbungstrainings, den Umgang mit Konflikten oder das ideale Zeit- und Selbstmanagement.


„Mir persönlich ist es bei dieser Tätigkeit wichtig, den Jugendlichen und jungen Erwachsenen dabei zu helfen, sie nachhaltig ins Berufsleben zu vermitteln. Indem sie sich beruflich und persönlich in ihrer Arbeitsstelle entfalten können, ihre Stärken und Potenziale einbringen können und sich dadurch weiterentwickeln, schaffen sie sich die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben“, sagt Kuisle.