Elisabeth Werder

Freie Journalistin & Texterin, Diespeck

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Artikel

To Do: Eigene Karriere analysieren

Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Warum es wichtig ist, bei der eigenen Karriereplanung nicht den Überblick zu verlieren und wie Tools aus dem Projektmanagement dabei helfen können.


Text: Elisabeth Werder


Wer ein Projekt erfolgreich zu Ende bringen möchte, sollte alle beteiligten Personen im Blick behalten. Egal, ob eine Fundraising-Kampagne organisiert oder ein Teambuilding-Event vorbereitet wird – nur wenn alle Akteure zielführend mit einbezogen werden, wird es am Ende ein Erfolg. Gleiches gilt für große Projekte wie zum Beispiel die eigene Karriere. Aber zwischen To-Do-Listen, Zoom-Calls und straffen Deadlines bleibt manchmal nicht genug Zeit für das eigene Projektmanagement.


Dabei ist es so wichtig, regelmäßig innezuhalten und von außen auf sich selbst zu blicken. Bin ich zufrieden mit meiner derzeitigen beruflichen Situation? Habe ich mich im letzten Jahr weiterentwickelt? Bin ich bereit für die nächste Stufe? Die eigene Karriere ebenfalls als Projekt anzusehen, bei der alle relevanten Akteure im Blick behalten werden und einbezogen werden müssen, ist intelligent und zielführend.


Karriereplanung als Projekt


Seine Unterstützer pflegen und seine Gegner besänftigen, das ist die Idee hinter einfachem Stakeholder-Management. Das funktioniert nicht nur im beruflichen, sondern auch privaten Kontext. Bei der klassischen Stakeholder-Analyse werden die Stakeholder identifiziert, bewertet und analysiert. Gleiches funktioniert auch bei der Karriereplanung:


1)      Identifizieren

Der erste Schritt ist es, positive wie negative Einflüsse zu erkennen und schriftlich festzuhalten. Welche Personen nehmen direkten oder indirekten Einfluss auf die eigene Karriere? Die Liste reicht von Vorgesetzten über Kolleginnen bis hin zu Kunden, Lieferantinnen oder auch privaten Kontakten. Die entstandene Liste beschreibt alle Karriere-Stakeholder, die im Folgenden bewertet und analysiert werden.


2)      Bewerten

Für die Bewertung der Stakeholder sind zwei Fragen relevant: Wie hoch ist der Einfluss dieser Person auf meine Karriere und welches Interesse hat diese Person an meiner Karriere? Für die Analyse eignet sich das Zeichnen einer Matrix, ähnlich dem Koordinatensystem aus Schultagen. Auf der X-Achse wird das Interesse von gering bis hoch eingetragen, auf der Y-Achse der Einfluss. Die Matrix lässt sich in vier Ebenen unterteilen:  Geringes Interesse/geringer Einfluss, geringes Interesse/hoher Einfluss, geringer Einfluss/hohes Interesse und hohes Interesse/hoher Einfluss.


In die Kategorie „geringes Interesse und geringen Einfluss“ fällt zum Beispiel ein freundlicher Kollege, mit dem man dasselbe Hobby teilt, der sich aber wenig für den eigenen Job interessiert und keine beruflich relevanten Entscheidungen trifft. Kontaktpflege auf einer persönlichen Ebene ist schön, bringt aber die Karriere vermutlich nicht voran. Wer geringen Einfluss, aber ein hohes Interesse hat, sollte stets informiert bleiben – in diese Kategorie fallen zum Beispiel (Ehe-)Partner, Familienmitglieder oder der enge Freundeskreis.


Die wichtigsten Stakeholder sind die der Kategorie „hoher Einfluss/hohes Interesse“: Ein solcher Kandidat könnte zum Beispiel der eigene Chef, ein Manager oder Vorstandsmitglied sein. Hier lohnt es sich, Energie zu investieren und die Bedürfnisse dieser Personen zu erfüllen: Zum Beispiel in dem man Sonderaufgaben übernimmt oder schon einige Tage vor der Deadline eine hervorragende Arbeit abliefert.


3)      Analysieren

Um herauszufinden, wie man mit einzelnen Personen am besten umgeht, kann man sich folgende Fragen stellen: Was sind die Interessen und Fachgebiete der Person? Was erwartet die Person von mir und was kann ich ihr bieten? Wie kann mir die Stellung des anderen helfen? Ist die Einstellung der Person mir gegenüber unterstützend, neutral oder kritisch? Sollte ich versuchen, diese Einstellung zu ändern?

Die Ergebnisse der Überlegungen entscheiden über den nächsten Schritt und können bei Bedarf zum Beispiel in einem Notizbuch festgehalten werden – so beginnt man nicht bei jeder Analyse von Grund auf neu. Die Kontaktpflege mit den Karriere-Stakeholdern erfordert System und Fingerspitzengefühl. Kindernamen, beliebte Reiseziele oder ein ausgefallenes Hobby bieten stets einen guten Gesprächseinstieg.


Beziehungen aufbauen


Eine gute Beziehung zu Schlüsselpartnern entsteht nicht von jetzt auf gleich. Am besten kann man auf andere eingehen, wenn man regelmäßig kommuniziert, Informationen teilt und nach der Meinung des anderen fragt. Auch Anerkennung und Lob sowie ein aufrichtiges Danke fördern ein positives Miteinander. Aber die wichtigste Stellschrauber ist die eigene Arbeitsweise: Einen guten Job zu machen ist die Basis für eine Unterstützung. Wieso sollte man eine Mitarbeiterin fördern, die außer schönen Worten nicht viel zu bieten hat?


Auch das Timing ist entscheidend: Gerade die wichtigen Einflussnehmer auf die eigene Karriere haben in der Regel einen vollen Terminkalender und wenig Zeit. Handlungen sollten also gut durchdacht sein. Das bedeutet auch, Hierarchien einzuhalten und niemanden zu übergehen, um ans Ziel zu kommen sowie vorgegebene Kommunikationskanäle zu nutzen. Wenn man sich an diese Spielregeln hält und seine Strategien stets reflektiert und optimiert, steht einem Karriere-Boost nichts mehr im Weg!


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