Elisabeth Werder

Freie Journalistin & Texterin, Diespeck

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„Hinter bio stecken Werte wie Nachhaltigkeit, Vielfältigkeit und Respekt"

Theres Jurenz wollte schon als Kind die Welt verbessern. Nach ihrem Ökotrophologie-Studium verschlug es sie in die Lebensmittelwirtschaft mit Fokus auf den ökologisch-nachhaltigen Bereich. Für sie steht fest: Mit Leidenschaft für das Thema schafft es jeder in die Bio-Branche.


Text: Elisabeth Korn


Theres Jurenz ist Produktentwicklerin und -managerin für Bio-Tiefkühlprodukte bei der Ökofrost GmbH. Der Beruf ist für sie nicht nur ein Job, sondern ein Ausdruck ihrer Überzeugung. (Foto: Ökofrost GmbH)


„Ungesunde Ernährung, zu wenig Bewegung und die daraus resultierenden Erkrankungen sind nach wie vor die Todesursache Nummer Eins in Deutschland – und dagegen kann man über die Ernährung so viel machen“, erklärt Theres Jurenz ihre persönliche Leidenschaft für Gesundheit. Mit Idealismus, Fachwissen und Durchsetzungskraft hat die 27-Jährige einen Beruf gefunden, bei dem ihre Ideale und Vorstellungen mit einfließen können und mit dem sie sich gut identifizieren kann: Sie ist in der Produktentwicklung und dem Produktmanagement von Bio-Tiefkühlprodukten tätig.


„Die meisten Mädchen fangen mit 13 oder 14 Jahren an, sich mit Themen wie Ernährung oder Diäten zu beschäftigen – das war bei mir nicht anders“, erzählt Theres Jurenz rückblickend. Das Interesse an gesunder Ernährung hat sie vor allem von ihrer Mutter mitbekommen: „Mein Elternhaus war zwar nicht unbedingt von Bio-Lebensmitteln geprägt, aber es wurde viel Wert auf das frische Kochen und selbst zubereiten gelegt – nicht nur am Wochenende, sondern auch unter der Woche sollten die Kinder was Ordentliches zu essen bekommen.“


Nach dem Abi wollte die gebürtige Dresdnerin eigentlich Ernährungsberaterin werden: „Unbedingt irgendwas, wo man Wissen weitergeben kann und anderen damit helfen.“ Für die Hochschule Anhalt in Bernburg entschied sie sich unter anderem deshalb, weil es dort viele ökologisch und landwirtschaftlich geprägte Studiengänge gibt – sie schrieb sich für Ökotrophologie ein. „Öko steht für Haushaltswissenschaft und Trophologie für Ernährungswissenschaft", erklärt Jurenz. Der Unterschied zur reinen Ernährungswissenschaft liegt in der Ausrichtung, denn Ökotrophologen werden auch in Haushaltswirtschaft ausgebildet und sollen nach ihrem Studium zum Beispiel in der Lage sein, klassische Haushaltswirtschaft und -planung durchführen zu können.


Persönliche Werte als Triebkraft


„Als ich während des Studiums festgestellt habe, wie beratungsresistent die Deutschen sind, wenn es um das nachhaltige Verändern von Ernährungsgewohnheiten zum Wohle ihres eigenen Körpers geht, hat sich mein Bild gewandelt und ich wollte lieber in die Lebensmittelwirtschaft – das ist es auch, worin das Studium primär mündet, also die Lebensmittelerzeugung“, erklärt Jurenz. Nach dem Studienabschluss landete sie zunächst bei dem Bio-Unternehmen „Aronia ORIGINAL“ und war dort im Produktmanagement tätig. „Als Produktentwickler findet man als Ökotrophologe guten Anschluss, auch im konventionellen Bereich – aber als Berufseinsteiger ist es auf jeden Fall leichter, im ökologischen Bereich Fuß zu fassen", sagt sie.


Für Jurenz ist Bio vor allem ein Glaube an die Werte, die damit vertreten werden: Die ökologische Erzeugung vertritt den Wert der Nachhaltigkeit und Vielfältigkeit, zum Beispiel bei tierischen Produkten. „Ein ganzheitlich denkender Bio-Typ will durch den Kauf von Bio-Produkten unter anderem Regionalität unterstützen, also Kleinkreisläufe und nicht nur große Unternehmen, respektvoll mit der Welt und dem Klima umgehen – und natürlich auch mit den Menschen dahinter, das fasziniert mich vor allem an der Ökofrost GmbH“, sagt sie.


Nach Jurenz Eindruck ist der respektvolle Umgang unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht nur für das Team von Ökofrost wichtig, sondern allgemein in der Bio-Branche ein häufig bewegtes Thema. Ökofrost bemüht sich, die soziale Komponente der drei Eckpfeiler ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit durch den Umgang mit seinen Mitarbeitern zu stärken. Dazu gehören zum Beispiel die Gemeinwohlbilanzierung oder das hierarchische Modell der Holakratie, bei dem Verantwortlichkeiten unter Arbeitskreisen aufgeteilt werden und nicht nur auf den Schultern eines Abteilungsleiters lasten.


In ihrem Arbeitsalltag kann sie Kenntnisse aus der Ökotrophologie einbringen, zum Beispiel bei der Suche nach Alternativen: „Bio-Produkte sind allein durch die Einschränkung der Zusatzstoffe häufig gesünder als die breite Masse konventioneller Produkte, das fließt natürlich bei der Konzeptionierung des Produkts und der Frage, welche Anforderungen es erfüllen soll, mit ein.“ Bei Absprachen mit Zulieferern kann sie konkrete Alternativen nennen, zum Beispiel Kristallzucker durch Rohrohrzucker zu ersetzen.


Natürlich gehört zur Produktentwicklung auch die Verkostung der Produkte. Die Zulieferer probieren Jurenz' Vorschläge aus, schicken ihr Produktmuster und bekommen wiederum Feedback - so lange, bis das Produkt bereit für die Markteinführung ist. Wenn Sie mit Ihren Kolleginnen die letzten Pizzakrümel verspeist hat, setzt sie sich an die Beurteilung der Produkte und überlegt, welche Stellschrauben das Ergebnis noch optimieren könnten - zum Beispiel bei den Inhaltsstoffen oder der Zubereitungsart.



Der Artikel erschien erstmals im WILA Arbeitsmarkt (2017).