Elisabeth Werder

Freie Journalistin & Texterin, Diespeck

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Interview

Wirtschaft effizient und nachhaltig gestalten

Energie-Effizienz und ökologische Innovationen sind ein zentraler Bestandteil der Wirtschaftsförderung. Dr. Jens Clausen vom Borderstep Institut kennt die Branchen, in denen grünes Fachwissen gefragt ist. 


Interview: Elisabeth Korn


Dr. Jens Clausen ist Mitgründer des Borderstep Instituts. Der Diplomingenieur für Maschinenbau leitet als Senior Researcher das Borderstep-Büro in Hannover.  Im Zentrum seiner Arbeit stehen Gründungs- und Innovationsfragen sowie nachhaltige Zukunftsmärkte. Jens Clausen wohnt in einem Grasdach-Holzhaus in einer ökologischen Modellsiedlung aus den achtziger Jahren und hat die besten Ideen, wenn er mit dem Familienterrier spazieren geht.


WILA Arbeitsmarkt: Dr. Clausen, wieso sind grüne Themen relevant für die Wirtschaftsförderung?


Dr. Jens Clausen: Anfang 2016 hat schon fast jede dritte deutsche Einrichtung der Wirtschaftsförderung die Ressourceneffizienz der von ihr betreuten Unternehmen als einen Faktor der Wettbewerbsfähigkeit mit hoher Bedeutung angesehen, weitere 40 Prozent messen ihm eine mittlere Bedeutung zu. Energieberatung ist also zahlenmäßig das bedeutendste Instrument der „grünen“ Wirtschaftsförderung. Mit steigenden Energiekosten wollen sich immer mehr Unternehmen nicht nur in einer Initialberatung einen Überblick verschaffen, sondern auch Hilfestellung im Detail.


Und was bedeutet das für die Praxis?


In der Beratungspraxis liegt der technische Fokus in vielen Fällen auf Querschnittstechnologien. Nach einer Befragung der Beraterinnen und Berater des Förderprogramms „Energieberatung für den Mittelstand“ des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle im letzten Jahr sehen diese ihre Kompetenzen auf Gebäuden (23 Prozent), erneuerbaren Energien und Abwärmenutzung (22 Prozent), Beleuchtung (18 Prozent) sowie Belüftung und Klimatisierung (18 Prozent). Effiziente Produktionsprozesse sind nur von elf Prozent der Energieberaterinnen ein Schwerpunkt, womit dem Beratungsprozess an einem wichtigen Punkt eine Grenze gesetzt ist.


Wie sieht es in anderen Bereichen aus?


Die Förderung des Ökodesigns von Produkten kann branchenübergreifend auf viele Unternehmen zielen. Angestrebt werden ein geringerer Materialverbrauch, eine kostengünstige Produktion sowie eine abfallarme und energiesparende Gebrauchsphase des Produkts. Die Effizienzagentur NRW zum Beispiel unterstützt ca. 20 Prozent ihrer Kunden dabei, neue oder ökologisch optimierte Produkte zu entwickeln und so Produktdesign und Nutzung effizienter zu gestalten und ressourcengerecht zu verbessern. Aktivitäten von Wirtschaftsförderungen zu ökologischem Design sind aber bisher eher selten.


Hier muss also noch viel passieren. Wie entwickelt sich die grüne Wirtschaftsförderung weiter?


Vielerorts werden in der Wirtschaftsförderung Fokusbranchen, oft Cluster genannt, definiert. Also zum Beispiel die Automobil- oder Dienstleistungsbranche, je nachdem welche Unternehmen große Arbeitgeber in der Region sind. Sowohl die Energie-, als auch die Umwelttechnik gehören zu den häufigsten Schwerpunkten in der Clusterlandschaft. Die Bedeutung der Green Economy erstreckt sich aber zum Beispiel auch auf Mobilitäts- oder IT-Cluster, weil auch hier große Effizienzpotentiale zu erschließen sind. Nicht nur in diesen Branchen sind nachhaltige Innovationen wichtig, für die manchmal auch Förderungen durch Bundesministerien eingeworben werden können. Und in einigen wichtigen grünen Märkten wie Wassertechnologie oder Ressourceneffizienz sind bisher auf der deutschen Clusterplattform überhaupt keine Einträge dokumentiert. Hier bestehen noch Chancen der regionalen Differenzierung

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Die drei großen Nachhaltigkeitsdimensionen betreffen ja nicht nur ökonomische, sondern auch ökologische und soziale Ebenen. Wie hat das mit grüner Wirtschaftsförderung zu tun?


Neben Effizienz und Clusterstrategien rückt auch die Förderung sozialer und ökologischer Gründungen verstärkt in den Fokus mancher Wirtschaftsförderungen. Und vielerorts werden Gewerbegebiete ökologisch optimiert. Sowohl die Wirtschaftsförderung selbst, als auch die Kommunalpolitik sollten darauf hinwirken, die Gestaltungskraft der Wirtschaftsförderung für die nachhaltige Entwicklung zu nutzen. Gewinner ist dann neben der Umwelt nämlich immer auch die regionale Wirtschaft.




Das Interview erschien erstmals im WILA Arbeitsmarkt (2017).