Elisabeth Werder

Freie Journalistin & Texterin, Diespeck

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Interview

Problemlöser, Querdenker und Analysten

Der Arbeitsmarkt Meteorologie wächst, mit den neuen Herausforderungen steigt auch der Anspruch an die Bewerber auf dem Stellenmarkt. WILA Arbeitsmarkt hat beim meteorologischen Institut der Universität Leipzig nachgefragt, wie die Chancen für die dortigen Studienabgänger stehen.

Interview: Elisabeth Korn


Prof. Dr. Manfred Wendisch hat seinerzeit in Berlin Meteorologie studiert. Seine Forschungsaktivitäten führten ihn über Leipzig nach Amerika und China, seit 2009 lehrt und forscht er am Leipziger Institut für Meteorologie (LIM) an der Universität Leipzig. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Atmosphärische Strahlung; derzeit befasst er sich mit einem Forschungsprojekt über arktische Klimaänderungen.


WILA Arbeitsmarkt: Bekommen Sie ihre Studierenden im Arbeitsmarkt unter?


Manfred Wendisch: Vor fünf oder sechs Jahren gab es einen regelrechten Hype unter den Studenten, die Zahl der Studienanfänger stieg, dann ging es wieder abwärts und jetzt wieder aufwärts. Die Ursache dafür ist allerdings nicht, dass die Jobchancen schlechter werden, sondern meiner Meinung nach, dass das Thema in der Gesellschaft nicht mehr so präsent ist. Aber selbst zu Hoch-Zeiten, als wir hier 100 Studienanfänger hatten, gab es keine Probleme die Leute nach ihrem Studium im Berufsleben unterzukriegen.


In welchen Arbeitsfeldern arbeiten denn Meteorologinnen und Meteorologen zum Beispiel?


Während meiner Professoren-Tätigkeit in Mainz haben wir eine Analyse durchgeführt, wohin es die Absolventen des Studiengangs verschlägt. Dabei zeigte sich, dass reichlich die Hälfte der Leute ihr Berufsleben in (außer-)universitären Forschungseinrichtungen beginnt. Einige gehen zum Deutschen Wetterdienst oder zu privaten Wetterfirmen. Der Rest der Absolventen findet meist in Industriefirmen, zum Beispiel in Richtung erneuerbare Energie, oder bei Versicherungen eine Anstellung. Aus meiner Erfahrung kommen fast alle Meteorologen unter. Bei uns lernt man, zu denken und Probleme zu lösen, das wissen die Firmen und nehmen gern auch mal einen Meteorologen, obwohl sie ursprünglich einen Physiker gesucht hätten.


Welche Kompetenzen muss man mitbringen, um in der Meteorologie erfolgreich zu sein?


Man sollte ein gewisses naturwissenschaftliches Talent haben. Mathe, Physik und auch Chemie spielen eine große Rolle in der Meteorologie. Das überrascht die meisten Studienanfänger, die denken sie werden hier zur Wetterfee für RTL ausgebildet. Das ist nicht der Fall, in den ersten beiden Jahren wird man komplett mit Mathe und Physik beschäftig, daran verzweifeln viele und brechen das Meteorologie-Studium vorzeitig ab. Von 100 Studienanfängern sind es im Schnitt 20, die bis zum Ende kommen.


Ist in der Meteorologie eine Promotion notwendig, um erfolgreich zu werden?


Es ist in jedem Fall von Vorteil, nicht nur in der Forschung. Der größte Teil unserer Absolventen promoviert und geht anschließend für ein oder zwei Jahre ins Ausland. Das empfehle ich auch meinen Studierenden, denn gerade in der Meteorologie ist die Community in Deutschland alleine doch eher klein. Unser Fach ist sehr international, einer meiner Kollegen ist derzeit in Brüssel bei der EU, ein anderer lebt seit zehn Jahren in den USA.


Wie sehen denn dann die Berufsaussichten aus?


In der Wissenschaft braucht man in Deutschland viel Ausdauer und gute Nerven, da sieht es mit Festanstellungen mau aus. Aber das ist ja auch nicht unsere Aufgabe, die Absolventen auf Dauer zu halten, wir wollen Meteorologen ausbilden. Bei größeren Forschungseinrichtungen, wie zum Beispiel der Gemeinschaft der Leibniz-Institute, gibt es noch am häufigsten die Möglichkeit auf  Festanstellungen, ansonsten sind in der Wissenschaft befristete Projektstellen die Regel. Man muss ja aber auch nicht in der Forschung bleiben.


Wird sich der Arbeitsmarkt in den kommenden Jahren wesentlich wandeln?


Eine Vorhersage für die Zukunft kann ich nicht abgeben, aber Fakt ist, dass die Probleme, die mit den derzeitigen Klimaveränderungen zusammenhängen, immer deutlicher werden. Ich persönlich denke nicht, dass unser Fach auf dem absteigenden Ast ist, im Gegenteil. Es wird immer wichtiger werden, wissenschaftlich fundierte Vorhersagen über die Wetter- und Klimaentwicklung zu treffen. Die Berufsaussichten in fünf Jahren kann heute de facto noch niemand wissen.




Das Interview erschien erstmals im WILA Arbeitsmarkt (2016).