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Die Bundesliga sucht Nagelsmann 2.0

Die Bundesliga setzt auf die Jugend, nicht nur bei den Spielern. 1899 Hoffenheim hat es vorgemacht, jetzt wird der Julian Nagelsmann 2.0 gesucht.

Die Zweifel waren groß, das Risiko auch: Als Julian Nagelsmann 1899 Hoffenheim vom gestandenen Feuerwehrmann Huub Stevens in höchster Abstiegsnot übernahm, trauten dem damals 28-Jährigen nicht viel die Rettung zu. Die Skepsis ist längst der Bewunderung gewichen. Der Shootingstar der Branche führte die Kraichgauer in die Champions-League-Qualifikation. Es ist das Erfolgsmodell Nagelsmann, das vielen Nachwuchs-Trainern den Weg auf die Bank eines Bundesligisten ebnete.

Ein Drittel ist unter 40 Jahren. Schalkes neuer Coach Domenico Tedesco erst 31, der VfB Stuttgart betraute in der vergangenen Saison den damals 35-jährigen Hannes Wolf mit der Mission Wiederaufstieg. Der Augsburger Retter Manuel Baum ist 37, Alexander Nouri, der die Bremer in der vergangenen Saison auf die Erfolgsspur zurückbrachte, ebenso. Mit Sandro Schwarz (38) geht der FSV einmal mehr den Mainzer Weg. Auch in Liga 2 tummeln sich in Kenan Kocak (36/SV Sandhausen), Ismail Atalan (37/VfL Bochum) und Torsten Frings (40/Darmstadt 98) junge Wilde.

Addo: Junge Trainer haben "besseren Zugriff"

"In Deutschland gibt es schon eine besondere Entwicklung, die sich zu anderen Ländern unterscheidet. Junge, relativ unbekannte Trainer bekommen hier die Chance, eine Bundesliga-Mannschaft zu betreuen", sagte Wolfsburg-Coach Andries Jonker der "Bild"-Zeitung: "Vielleicht sind die Deutschen hier die Vorläufer und bald sagen sie woanders, schaut mal auf Deutschland. Dort hat man den Mut, auch mal was anders zu machen."

Ex-Bundesliga-Profi Otto Addo, selbst neu im Trainerteam von Borussia Mönchengladbach, hat dafür auch eine Erklärung. "Die Spieler werden immer jünger, jüngere Trainer haben dann vielleicht noch einen besseren Zugriff", so der Neu-Gladbacher.

Ist die Zeit der Feuerwehrleute vorbei?

Zweifel an der Autorität der Fußballlehrer, die oft nur wenige Jahre älter oder gar jünger als die Spieler sind, gibt es kaum. "Anfangs gab es ein gegenseitiges Abtasten. Die älteren Spieler hatten in ihrer Laufbahn schon den einen oder anderen Trainer und wollten austesten, ob ich überhaupt Ahnung von Fußball habe", sagte Nagelsmann dem Magazin "11Freunde".

Ein Umstand, der mit der Tatsache einhergeht, dass die Hierarchien auch innerhalb der Mannschaften flacher geworden sind. Die Zeiten von Alphatier-Kapitänen à la Stefan Effenberg, Mark van Bommel und Oliver Kahn sind vorbei. Heute tragen ruhige, diplomatische, aber dennoch bestimmende Typen wie Manuel Neuer, Lars Stindl, Benedikt Höwedes und Lars Bender die Binde.

Die Zeiten der Feuerwehrleute Peter Neururer, Armin Veh und Thomas Schaaf, die Vereine in höchster Not übernahmen und oft vor Abstiegen retteten, scheinen vorbei. Neururer selbst beschwichtigt: "Die Entwicklung ist normal, der Hype steht nicht im Verhältnis." Auch DFB-Sportdirektor Horst Hrubesch, der als 65-Jähriger im vergangenen Jahr als Trainer der U23 bei Olympia die Silbermedaille gewann, warnt, die Alten an die Seite zu schieben: "Die Erfahrung musst du einfach mitnehmen."

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