Die Labels WeDress, Maumar und Nechia präsentieren im Sofitel an der Alten Oper umweltbewusste und individuelle Kollektionen.
Manch eine(r) kennt das: Der Kleiderschrank ist zum Bersten gefüllt, aber für ein besonderes Event braucht man doch wieder ein neues Teil. Also führt der Weg in den nächstbesten Laden, man gibt Dutzende von Euros aus, trägt das Kleidungsstück allenfalls zwei-, dreimal - und lässt es dann im Schrank verrotten. Anschließend beginnt das Ganze von vorne.
Jasmin Huber versucht seit einiger Zeit, diesen Kreislauf zu durchbrechen. Im Jahr 2020 rief sie die Onlineplattform „WeDress Collective" ins Leben, auf der Nutzer:innen die Möglichkeit haben, hochwertige Kleidungsstücke tage-, wochen- oder monatsweise auszuleihen. Sowohl Privatpersonen als auch Labels aus ganz Deutschland beteiligen sich an dem Projekt. Wer auf der Website ein passendes Teil gefunden hat, holt es persönlich beim Anbieter ab oder lässt es sich bequem und umweltfreundlich per Fahrradkurier:in liefern.
„Wir wollen zeigen, dass Nachhaltigkeit nicht langweilig sein muss, sondern auch ziemlich sexy sein kann", sagt Julia Rabello, Marketingchefin bei WeDress. „Kleidung zu leihen, sollte mindestens genauso akzeptiert werden, wie dauerhaft neue Sachen zu kaufen." Doch nicht nur der Nachhaltigkeitsaspekt liegt Huber und Rabello am Herzen - sie versuchen auch, ihr Angebot möglichst inklusiv und divers zu gestalten.
Diese Leitlinie spiegelt sich in der Fashion Show wider, die das WeDress Collective am Mittwoch im Sofitel an der Alten Oper inszeniert. Als Veranstaltung der „Frankfurt Fashion Lounge", eines offiziellen Side Events der Fashion Week, hatte Jasmin Hubers Projekt es trotz coronabedingter Dezimierung ins Programm geschafft. Auch Geboosterte brauchen einen Negativtest plus FFP2-Maske; und es erhält nur ein kleines Publikum in der Lobby des Hotels die Chance, sich vom Konzept „leihen statt kaufen" überzeugen zu lassen.
Vielfalt und Empowerment charakterisieren die abwechslungsreiche Show, die statt der typischen Size-Zero-Models People of Color, queere Menschen oder Frauen mit Behinderung über den Catwalk schickt. Mit selbst gemalten Schildern werben die Models für mehr Toleranz, Gleichberechtigung und Authentizität. Am Ende der Show erhält das Publikum tatsächlich das Gefühl, dass sie gerade ein kleines Stück weit dazu beigetragen hat.
Ebenfalls auf dem Catwalk ist die Tänzerin Viktoria Nowak. Im Rhythmus der Musik bewegt sie sich beinahe schwerelos durch den Raum und erweckt den Eindruck, sich den Gesetzen der Schwerkraft widersetzen zu können. Auch die Gruppe „Eyecandy" sorgt für eine bühnenreife Performance.
Bei „Eyecandy" handelt es sich um eine Onlineagentur, die Künstler:innen aus Frankfurt und Umgebung unterstützen möchte, indem sie ihnen eine gemeinsame Plattform zur Verfügung stellt. 31 dieser Künstler:innen haben sich in der Fashion Lounge zu einem Flashmob versammelt: Mit farbenfrohen Tüchern bekleidet, ziehen sie lautstark singend und tanzend durch den Raum. Vom Publikum gibt es tosenden Applaus.
Etwas ruhiger geht es hingegen bei Nechia zu. Das Frankfurter Label, das am Nachmittag zur Fashion Show geladen hat, setzt mit seiner „Wild City Girl Collection" auf monochrome Outfits, weich fallende Stoffe und winterliche Materialien. Die Teile der Kollektion, die zum Großteil in Beige- und Grautönen gehalten ist, sind oft ausgefranst oder asymmetrisch.
Außerdem präsentiert am Mittwochnachmittag der Frankfurter Designer Maurice Martinez dem Publikum seine neue Kollektion. Mit seinem Label Maumar war er bereits bei der vorigen Fashion Lounge im Sommer zu Gast - schon damals unter den erschwerten Pandemiebedingungen. Wie 2021 sei er auch jetzt ziemlich aufgeregt, erzählt Martinez vor der Show, aber auch „sehr, sehr glücklich" darüber, dass in diesem Jahr so viel mehr möglich sei.
Die Erleichterung merkt man ihm dennoch erst an, als das letzte seiner Models durch die Lobby gelaufen ist. Vier bis fünf Monate Arbeit, präsentiert innerhalb von knapp 20 Minuten - trotz der Rückbesinnung auf Nachhaltigkeit und „Slow Fashion" bleibt die Modebranche in Teilen sehr schnelllebig.
Maurice Martinez jedoch scheint das zu genießen. Vermutlich wird er auch im Juli bei der nächsten Fashion Week wieder seine Designs präsentieren. Dann, hoffen er und alle Beteiligten, ohne Einschränkungen.