1 Abo und 0 Abonnenten
Rezension

"Gentleman of Musical"

Zwei Kavaliere bitten zum Konzert
Jan Ammann und Kevin Tarte begeistern als „Gentlemen of Muscial“

Seit nunmehr sieben Jahren präsentiert die von Andreas Luketa und Markus Tüpker ins Leben gerufene Konzertreihe „Sound of Music in Concert“ Musicalkonzerte der etwas anderen Art. Das Who is who der Musicalszene erhält hier die Möglichkeit sich abseits der Theaterbühnen mit eigenem Programm von seiner privaten Seite zu zeigen.
Das Ebertbad in Oberhausen, ein ehemaliges Schwimmbad mit besonders heimelicher Atmosphäre, gehört als Spielort dabei eben so fest zum Repertoire wie Jan Ammann und Kevin Tarte, die als Sound of Music- Artists mit ihren Soloabenden bereits mehrfach für ausverkauftes Haus gesorgt haben. Mit „The Gentlemen of Musical“ standen die beiden Künstler am 26.04.2013 nun gemeinsam auf der Bühne am Ebertplatz- und zeigten dem Publikum, was zwei echte Gentlemen ausmacht.

Die Idee zu einem gemeinsamen Konzert begründet sich in der mittlerweile fünfjährigen Freundschaft der beiden Musicaldarsteller. Ammann hat Kevin Tarte seinerzeit noch in der Stuttgarter Inszenierung von „42nd Street“ gesehen, ehe Tarte seinem jüngeren Kollegen dann zum ersten Mal beim Final Call des Füssener Musicals „Ludwig2“ begegnet ist- und sich gedanklich prompt von seinen Hoffnungen auf die Rolle verabschiedet hat, denn die Rolle des bayrischen Märchenkönigs ist wohlweißlich jene Rolle, die Ammann bereits während seines Studiums an der Hochschule für Musik und Theater in München zum Durchbruch verhalf.
Weitere Stationen seiner Karriere waren Hauptrollen in „Jekyll&Hyde“, „Mar i cel“, „West Side Story“ und „Die Schöne und das Biest“, ehe er mit seiner Verkörperung des Grafen von Krolock im Kultmusical „Tanz der Vampire“ endgültig zum Publikumsliebling avancierte.

Die Rolle des Vampirgrafen war auch jene Rolle, die den gebürtigen Amerikaner Kevin Tarte im Jahr 2000 nach Deutschland führte. Momentan sorgt er als rachsüchtiger Barbier Sweeney Todd für ein blutiges Gemetzel auf der Bühne des Theaters Magdeburg.

Opener des Abends war der Titel „You´re nothing without me“ aus „City of Angels“, ein Song, der als Leitmotiv des Abends gelten könnte. Spielerisch gar nicht Gentleman- like kabbelten sich die zwei Musicaldarsteller um den besten Platz auf der Bühne und zeigten so, dass es an diesem Abend nicht um die unumstrittenen Solokünste des Einzelnen ging, sondern um das Miteinander. Und daran hatten Künstler wie Publikum die größte Freude.

Dazu trug vor allem der Moment bei, den Ammann „am meisten gefürchtet hatte.“ Denn die beiden Freunde pflegen bei ihren gemeinsamen Konzerten ein bestimmtes Ritual: Aus roten Umschlägen zieht der eine ein Lied, dass er für den anderen singt. Dieses Lied war im Geburtsjahr des anderen ein absoluter Hit. Der Haken an der Sache: Um welches Lied es sich handelt, entscheidet der Zufall. Ammann durfte zuerst Schicksal spielen und einen Umschlag ziehen, um seinen Freund mit einem ganz besonderen Geschenk zu beglücken (was Ammann lediglich mit „Oh mein Gott“ kommentierte.). Mit hautengem, weißem Rollkragenpullover, Sonnenbrille und blonder Perücke mimte er den Schlagersänger Heino und gab mit nahezu perfekt imitiertem Akzent dessen „Barbara“ zum Besten.
Kevin Tarte stand diesen Entertainmentqualitäten in nichts nach. Während „Heino“ noch erzählte, dass er bald auf Tour gehen werde- mit Rammstein- verschwand Tarte hinter der Bühne, um dann mit - „oh my god“- Hawaiihemd und Afromähne als Harry Belafonte und „Day-O (The Banana Boat Song)“ Karibikfeeling ins Ebertbad zu bringen.
Neben ihrem komödiantischen Talent stellten Amman und Tarte aber vor allem unter Beweis, dass sie zwei richtig gute Künstler sind und so präsentierten sie, begleitet von Pianistin Marina Komissartschik, eine Bandbreite verschiedenster Musicalnummern. Dazu gehörte der Stephen Sondheim- Block mit dem Duett „Hübsche Frauen“ aus „Sweeney Todd“, Tartes Solo „Being alive“ aus „Company“ und dem deutsch- englischen Duett „Send in the Clowns“ aus „A little Night Music“ ebenso, wie einige Nummern aus dem Programm „One day more“, einem weiteren Konzert der Sound of Music- Reihe, das sich im Februar/ März diesen Jahres den Werken von Alain Boubil und Claude Michel Schönberg gewidmet hatte. Ammann und Tarte beschrieben diese Werke als für Künstler besonders anspruchsvoll.

Und anspruchsvoll ist dann vielleicht auch das Stichwort, das zeigt, dass selbst zwei Gentlemen wie Ammann und Tarte nicht ganz ohne weibliche Unterstützung auskommen. Die erhielten sie von Michaela Schober und Nicole Mühle, den Special Guests des Abends, die ihre Stimmgewalt mit dem Les Misérables- Klassiker „Ich hab geträumt“ unter Beweis stellen durften. Im Anschluss schlüpfte Ammann in die Rolle des pflichtbewussten Inspektor Javerts und besang die „Sterne“, ehe er gemeinsam mit Tarte und dem Song „Here comes the morning“ aus dem in Deutschland wenig bekannten Stück „Martin Guerre“ den Themenblock Boubil/ Schönberg schloss.

Einen weiteren großen Part des ersten Aktes bildeten die beiden „Phantom“- Musicals von Andrew Llyod Webber, von denen zumindest eines End des Jahres an alter Wirkungsstätte, der Neuen Flora Hamburg, Premiere feiern wird. Nicole Mühle hatte hier die Ehre gleich zwei Phantoms an ihrer Seite zu haben und mit ihnen gemeinsam das „Phantom der Oper“ zu besingen. Gleichwohl konnte sie mit Christines gleichnamigen Solo aus der Fortsetzung „Love never dies“ überzeugen, die sie dank ihrer klassischen Gesangsausbildung mühelos meisterte. Ebenfalls zu überzeugen wussten Amman und Tarte mit „Till I hear you sing“, das nicht nur die Hoffnung nährte, dass „Love never dies“ vielleicht doch bald seinen Weg auf deutsche Bühnen findet, sondern auch verdeutlichte, dass zwei mögliche Phantoms für die Hamburger Premiere eigentlich schon gefunden sind: Sowohl Tarte, mit seiner detaillierten und emotionalen Interpretation, als auch Ammann mit seinem kraftvollen und eindringlichem Gesang wäre ein Phantom, das man gerne auf der Bühne sehen würde.

Den Auftakt des zweiten Aktes bildeten dann die vom Publikum schon heiß ersehnten und mit Jubeln und Seufzen empfangenen Vampire. Gerecht untereinander aufgeteilt waren „Gott ist tot“ und „Einladung zum Ball“, die nahtlos in „Totale Finsternis“ überging. Besonders erfreut wurde das Publikum hier durch das stilechte Finale: „Sarah“ Michalea Schober durfte sich gleich von zwei Grafen mit Vampirzähnen beißen lassen.
Im Anschluss gab es aber nicht die zu erwartende „Unstillbare Gier“, sondern mit „Je länger ich lebe“ aus Frank Wildhorns „Dracula“ einen eher unbekannteren, aber nicht weniger berührenden Vampir- Song.

Weitere Wildhorn Hits standen mit „This ist he Moment“ (Kevin Tarte aus Jekyll& Hyde), „Der Mann, der ich einst war“ (Jan Amman aus „Der Graf von Monte Cristo“) und „Niemals allein“ (Amman, Tarte und Schober, ebenfalls „Monte Cristo“) auf dem Programm.

Desweiteren hatten die beiden Künstler bei diesem Konzert die Gelegenheit, einen Song zu präsentieren, der ihnen besonders am Herzen lag. Tarte wählte hier den Titel „Dont cry out loud“ aus „The boy from Oz“, der die Botschaft vermittelt, sich nicht unterkriegen zu lassen uns auch im Moment des Scheiterns seinen Stolz zu wahren.
Ammann wiederum erinnerte sich mit dem Celine Dion- Hit „I rember L.A.“ an seine Zeit in den Staaten.
Ein emotionales Highlight lieferte Ammann zudem mit Rainer Bielfeldts Ballade „Gib auf deine Seele Acht“, die nicht wenige Zuschauer zu Tränen rührte.
Mit „Geliebte Berge“ und „In Palästen geboren“ (im Duett mit Nicole Mühle) ließ er außerdem Erinnerungen an den auch als Musical gescheiterten Bayernkönig „Ludwig2“ lebendig werden.

Den krönenden Abschluss bildete dann Leonard Cohens „Hallelujah“, ehe sich die Gentlemen mit einigen Zugaben von ihrem begeisterten Publikum verabschiedeten.

Abschließend bedarf es nicht vieler Worte, um diesen Abend zusammenzufassen. Jan Ammann und Kevin Tarte erwiesen sich als echte Gentlemen- authentisch, charmant, gefühlvoll und witzig. Darüber hinaus harmonierten sie als Duo so gut miteinander, dass sich die Zuschauer einig waren: Solche Gentlemen würde man gerne öfter gemeinsam auf der Bühne sehen.