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Rezension

"Something beautiful"

Müllers ganz persönliche Musicalwelt
Christian Alexander Mullers präsentiert mit Gästen ein gelungenes Musicalkonzert der besonderen Art

So schön ist Musical. Das zeigte Christian Alexander Müller am 12.03.2011 mit seinem Solokonzert im Ebertbad Oberhausen. Unter dem Motto „Something beautiful… Meine Musicalwelt“ präsentierte er dort nach eigener Aussage ein Programm, in dem alles enthalten ist, was ihm am Herzen liegt und ihn dazu bewegt, Musik zu machen. Es war Müllers erstes Solokonzert und das war, wie sich gleich zu Beginn zeigte, nicht vor der ein oder anderen Panne gefeilt.

Nach der Ansage von Organisator Andreas Luketa, der das Konzert als „Something wonderful“ ankündigte, betrat Müller die Bühne- und stellte fest, dass er sein Mikrofon vergessen hatte. Aber ob beautiful oder wonderful- beide Adjektive wurden dem gefühl- und stimmungsvollen Auftakt gerecht, den Müller nach einem lockeren Spruch dann- natürlich mit Mikrofon- präsentierte. „One of those moments“ und „Something beautiful“ waren die Eröffnungsnummern des Konzerts und bescherten Müller bereits zu Beginn begeisterten Zwischenapplaus.

Das interessante an Müllers Soloabend war, das der Musicaldarsteller, der u.a. als jüngstes Phantom der Oper in Essen auf der Bühne stand, eine Bandbreite an hierzulande eher unbekannten Songs gewählt hatte, was seinem Abend eine einzigartige Note verlieh und ihn deutlich von anderen Solokonzerten abhob.

Auch Herausforderungen scheute der Tenor nicht. So wagte er sich an das „Schmuel Lied“, einem Song aus dem Musical „Die letzten fünf Jahre“, das ihm und seiner Begleitung, der Pianistin Marina Komissartchik, einiges abverlangte, da es, wie er sagte, das schwerste Lied des Stücks sei, das er allerdings mit Bravour meisterte. Und da er ab Oktober gemeinsam mit Roberta Valentini in diesem Zwei- Personen- Musical zu sehen sein wird, war die Elphaba- Darstellerin sein erster Special Guest an diesem Abend. Nachdem Müller „Down to the sea“ aus Kristina fran Duvemala, dem aktuellen Musical der Abba- Brüder, gesungen hatte, stimmte Valentini mit „You have to be there“ ein weiteren Song aus dem hierzulande noch eher unbekannten Musical an und lieferte damit eines der absoluten Highlights des Abends.
Im Anschluss sangen Müller und Valentini dann noch das gefühlvolle Duett „You and I“ aus Chess.

Nach einer Medley von „Ein Lied am Strand“ aus La cage aux folles und „Time heals everything“, einem Song aus dem in Deutschland unbekannten Musical Meg and Mabel, das wie La cage aux folles aus der Feder von Jerry Herman stammt, bisher aber noch nicht seinen Weg auf deutsche Bühnen gefunden hat, widmete sich Müller dem Musicalkomponisten Andrew Lloyd Webber.

Auftakt zu diesem Themenblock bildete der Song „Für einen Tag mehr als für immer“ in einer deutschen Version von Andreas Luketa, denn das Stück The woman in white ist bislang leider ebenso wenig in Deutschland angekommen wie die Phantom der Oper- Fortsetzung Love never dies. Den gleichnamigen und anspruchsvollen Titelsong des Stücks meisterte Special Guest Nummer zwei Kristin Hölck, die dann mit Müller das bewegende „Beneath a moonless sky/ Once upon another time“ anstimmte, den Moment des Musicals, in dem Christine und das Phantom sich nach zehn Jahren wieder sehen und sich an ihre letzte und einzige Liebesnacht erinnern.
Mit dem ergreifenden Phantom- Solo „Till I hear you sing“ schloss Müller den Andrew Lloyd- Webber- Block und den ersten Akt.

Akt Nummer zwei startete mit dem Klassiker „West side story“ und einer weiteren kleinen Panne. Kristin Hölck kam bereits bei Müllers schmachtendem „Maria“ auf die Bühne, was Müller mit einem „schön, ist man nicht so allein auf der Bühne“ kommentierte.
Wirklich unpassend war Hölcks verfrühter Auftritt dann auch nicht, stimmte sie als Maria mit Müller anschließend doch das Duett „Heut Nacht“ an.

Der dritte Special Guest des Abends war Jan Ammann, den Müller aus dem Projekt „Musical Tenors“ kennt und der in Oberhausen wegen seines Tanz der Vampire- Engagements eine große Fangemeinde besitzt. Sein Auftritt war allein deswegen ein Highlight, weil Müller und er die interessantesten Songs des Abends präsentierten.
Zum einen war da das Musical Martin Guerre von Alain Boubil und Claude- Michel Schönberg, den Schöpfern von Les Misérables und Miss Saigon, aus dem Müller und Ammann das Duett „Here comes the morning“ und Müller den Titelsong „Martin Guerre“ interpretierten. Zum anderen war da das Musical The secret garden mit Ammanns Solo „Ein Stückchen Land“ und dem ergreifenden Duett „Lillis Blick.“

Mit „Dich kennen heißt dich lieben“ im Duett mit Roberta Valentini und „Warum kannst du mich nicht lieben“ zeigte Müller außerdem zwei Songs aus dem zu Unrecht in der Versunkung verschwundenen Kunze/ Levay- Stück Mozart und erzählte mit „Wenn ich sing“ aus Closer than ever“ zudem eine sehr persönliche Anekdote: Vor jeder Premiere denkt Müller an seinen verstorbenen Vater, den er verlor, als er 14 Jahre alt war und der damit den gesamten (künstlerischen) Werdegang seines Sohnes nicht mehr miterleben konnte. Entsprechend bewegend wurde seine Interpretation des Liedes, das er natürlich seinem Vater widmete.

„Die Musik der Nacht“ aus dem Phantom der Oper rundete den Abend ab, ehe eine der Zugaben noch einmal für einige Lacher sorgte. Gemeinsam mit seinen drei Gästen stimmte Müller William Finns Song „I feel so much spring“ an, bei dem Kristin Hölck ihren Textpatzer äußerst charmant mit einem „I should look at the text“ improvisierte.

Something Beautiful- etwas Schönes. Diesem Motto wurde der stimmgewaltige Tenor mit seinem ersten Soloabend mehr als gerecht. Sein Konzert war eine wahre Fundgrube an echten Musicaljuwelen, angefangen bei Kristina fran Duvemala über Love never dies hin zu Martin Guerre und The secret garden, und hat gezeigt, dass Musical weit mehr als der Kommerz ist, der zur Zeit an den großen deutschen Theatern betrieben wird. Müller präsentierte das Genre Musical von seiner schönsten Seite: Abwechslungsreich, einzigartig und schlicht weg beautiful.