1 Abo und 13 Abonnenten
Artikel

"Sind Sie Ihren drei Frauen gegenüber fair?"

Gesicht der Deutschen Welle: Jaafar Abdul Karim. (Foto: Deutsche Welle)

In dieser Woche feiert das TV-Format Jaafar Talk, des Deutsche-Welle-Moderators Jaafar Abdul Karim Premiere. In der Sendung sollen Menschen in der arabischen Welt, die sich in ein enges Korsett aus Tradition, Religion und Politik gezwängt fühlen, Diskussionsräume bekommen.

Für die Premiere seines neuen TV-Formats Jaafar Talk, das in dieser Woche Premiere feierte, hat sich der Deutsche-Welle-Moderator Jaafar Abdul Karim kein leichtes Thema ausgesucht: Polygamie in der arabischen Welt. Die Gäste sind kontrovers wie das Thema, ein saudischer Anwalt, der drei Ehefrauen hat, steht einem libanesischen Imam gegenüber, der sich gegen die Mehrehe ausspricht. Das Publikum in Beirut durfte über strittige Themen abstimmen ("Sind Sie für oder gegen die Mehrehe?" Ergebnis: Mehrheit dagegen) und Studiogäste zu einer Stunde der Wahrheit vor einen Spiegel schicken ("Sind Sie Ihren drei Frauen gegenüber fair?" Antwort: "Nein, aber ich rede es mir ein").

Acht Jahre lang diskutierte Abdul Karim für die Deutsche Welle mit Jugendlichen, ob im sudanesischen Khartum, im libanesischen Flüchtlingslager oder im Studio in Berlin. Im Shabab Talk, zu sehen auf Youtube, sprach er mit ihnen über Homosexualität, Frauenrechte und Atheismus. Millionen Menschen sahen ihm dabei zu. Er feierte Erfolge bei jungen Menschen, aber erzürnte vor Ort auch so manche Politiker, sodass der Sender Morddrohungen oder Klagen hintergeschickt bekam. Aufmerksamkeit war dem Auslandssender damit auf jeden Fall sicher. Nun hofft die Deutsche Welle, mit einem neuen Konzept an den Erfolg anzuknüpfen.

Sechs Monate lang konzipierten sie im Team die nach ihm benannte Sendung, wie Abdul Karim der SZ mitteilt. Der heute 38-Jährige wollte nicht mehr nur "die Stimme der Jugend" aufgreifen, er wollte "über Altersgrenzen hinausdenken". Und er will Meinungsvielfalt als Gewinn verstanden wissen - nicht als Anlass zum Streit. Viele Menschen in der arabischen Welt fühlten sich in ein enges Korsett aus Tradition, Religion und Politik gezwängt, sagt Abdul Karim. In Jaafar Talk sollen sie Diskussionsräume bekommen. Dass das für den ein oder anderen Studiogast mit einem Risiko verbunden sein kann, weiß die Redaktion. "Wir haben Verantwortung für diese Menschen und klären sie davor über mögliche Risiken auf."

Denn in fast allen arabischen Ländern ist eine freie Diskussionskultur unmöglich. Die Organisation Reporter ohne Grenzen schätzt die Pressefreiheit in der Region als schwierig bis sehr ernst ein. Der jordanische Journalist Sameh al-Maharik sagte einmal: "Solange man nicht über den König, das Militär, Religion oder Sex schreibt, kann man über alles berichten, was man will." Als Auslandssender kann die Deutsche Welle über Tabus hinwegsehen und Themen ansprechen, für die lokale Journalisten ins Gefängnis müssten. "Die Deutsche Welle gilt in der arabischen Welt mittlerweile als Stimme der Demokratie", sagt Abdul Karim. Oft wird ihm aber vorgehalten, dass er in Berlin sitze, wo es sicher sei. Umso wichtiger ist es ihm, regelmäßig vor Ort zu sein.

Und während Abdul Karims Themen den einen zu anstößig sind, wurde er in der Vergangenheit auch dafür kritisiert, Themen wie Menschenrechtsverletzungen und Folter unter totalitären Regimen kaum anzusprechen. "Gesellschaftliche Themen sind immer auch politisch", sagt er selbst. Einige Videosequenzen der Sendung sind demnächst auch auf Deutsch untertitelt und auf Instagram zu finden, denn das Interesse an der arabischen Community habe auch hierzulande zugenommen. Das Konzept seiner Sendung würde auch der hiesigen gesellschaftlichen Debatte guttun, glaubt Abdul Karim. Deutschland brauche dringend einen Raum für "diverseren Dialog".

Jaafar Talk, auf Youtube, Facebook und Instagram.

Bilder

Das sind die Serien des Monats

"The Boys" scheitert als Meta-Superhelden-Serie an akuter Einfallslosigkeit. Und das Finale von "Orange Is The New Black" kritisiert Donald Trump, ohne seinen Namen zu nennen.

Zum Original