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Eine Frage der Perspektive

Dunja Ramadan ist Redakteurin im außenpolitischen Ressort der SZ. (Foto: Bernd Schifferdecker)

Den Irankonflikt und die Lage in Jemen bewerten Zeitungen in Nahost sehr unterschiedlich. Sie alle aber richten ihren Blick auf Europa und die USA.

Die Diskussion um eine Militärmission in der Straße von Hormus ging auch in der vergangenen Woche munter weiter. Ursprünglich wollte Großbritannien diese Aktion in der Straße von Hormus unter europäischer Führung. Doch dann vollzogen der neue Premier Boris Johnson und dessen Außenminister Dominic Raab und Großbritannien einen Kurswechsel. Ein "europäisch geführter Ansatz, unterstützt von den USA", sei der beste Weg, hieß es aus dem britischen Außenministerium. Aus Deutschland hingegen kam eine klare Absage an eine US-geführte Mission, wie Außenminister Heiko Maas Mitte vergangener Woche mitteilte. Die Bundesregierung halte die US-Strategie des "maximalen Drucks" für falsch.

Das diplomatische Tauziehen wurde in der arabischen Presse teilweise argwöhnisch betrachtet. In der emiratischen Zeitung al Bayan kritisierte der Autor Mohammed Khilfan al-Sawafi vor allem die Rolle der USA angesichts der iranischen "Testballons". Er trauerte den einst wesentlich verlässlicheren diplomatischen Beziehungen zwischen den USA und Europa nach und nannte den ehemaligen britischen Premier Tony Blair und den amerikanischen Präsidenten George W. Bush. Ihr enges Verhältnis habe dazu geführt, dass sie etwa für den Afghanistan- und den Irakkrieg internationale Unterstützung erhielten, auch wenn man diese Kriege "natürlich ablehnt", wie der Autor betont. Nun sei der "träge Zustand" der US-Politik angesichts der Krisen eine "Bedrohung für die internationale Stabilität und die ihrer Partner". Das würde schließlich dazu führen, dass regionale Mächte wie Iran und Türkei ihre Einflussgebiete ausdehnen, schreibt al-Sawafi.

Die Vereinigten Arabischen Emirate, die sich als engen Partner der USA und Saudi-Arabiens sehen, zogen sich kürzlich mit Tausenden Soldaten aus der saudisch geführten Militärkoalition in Jemen zurück. Dieser Schritt ist ein Zeichen der Deeskalation, wohl gerade weil keine Einigkeit im Umgang mit Iran herrscht. Am vergangenen Dienstag trafen sich dann erstmals seit Jahren Vertreter Irans und der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), um die heikle Lage am Persischen Golf zu besprechen.

In Riad ist der Ton wesentlich schärfer als in Abu Dhabi. Der Autor Hussein Shobokshi schreibt in der staatsnahen Saudi Gazette, Teherans Beteiligung an "Terrorakten der Revolutionsgarde" sei für die internationale Gemeinschaft nicht verhandelbar. Iran und seine Verbündeten sieht Shobokshi als "zunehmend isoliert, weil sie die von einem Staat praktizierte Piraterie nicht verteidigen können." Auch im Königshaus stehen die Zeichen eher auf Abschreckung als auf Entspannung. Vor rund zwei Wochen genehmigte König Salman die Stationierung von bis zu 500 US-Soldaten im Land. Zuletzt waren US-Truppen 2003 dort offiziell stationiert.

Iranische Zeitungen berichteten in den vergangenen Tagen vor allem über die US-Sanktionen gegen Außenminister Mohammed Jawad Sarif, auch wenn die offiziellen Reaktionen aus Teheran betont gelassen klingen. Präsident Hassan Rohani etwa sah "die Säulen des Weißen Hauses wackeln angesichts der Worte und des Wissens eines aufopferungsvollen Mannes und Diplomaten". Die iranische Tageszeitung Keyhan, die den politischen Hardlinern zuzuordnen ist, titelte "Sarifs Antwort auf Trumps idiotische Forderung" und schrieb darunter: "Die Iraner haben jeden Angreifer überlebt". Dennoch sei Sarif bereit - trotz der US-Sanktionen und der Stationierung amerikanischer Truppen in Saudi-Arabien -, mit dem Erzrivalen in Riad zu sprechen. Auch Keyhan erwähnte die jüngste Annäherung an Saudi-Arabiens engsten Partner, die Vereinigten Arabischen Emirate.

Die regierungsnahe, englischsprachige Zeitung Tehran Times widmete den Europäern vergangene Woche einen wütenden Appell mit dem Titel: "Die Europäer müssen sich bedroht fühlen". US-Präsident Donald Trump und dessen Sicherheitsberater John Bolton würden den "Zerfall der Europäischen Union" planen. Vor allem warf der Autor Hanif Ghaffari der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron Naivität vor. Beide würden immer noch glauben, sich auf eine politische und wirtschaftliche Auseinandersetzung mit den USA einlassen zu können.

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