Rückblickend erscheint die Hoffnung naiv. Würde sich Polens Präsident Andrzej Duda als Staatsmann erweisen und sich in den Dienst der Patria, des Landes, und nicht der Partia, der Partei stellen? Doch dann gab er im November seiner politischen Heimatpartei PiS einen zum Scheitern verurteilten Regierungsauftrag.
Und nun, in der fünften Woche der neuen Regierung Donald Tusk, zeigte Duda endgültig, dass es ihm nicht um den Staat und erst recht nicht um Rechtsstaatlichkeit geht.
Provokativ beherbergte er die verurteilten und per Haftbefehl gesuchten PiS-Abgeordneten Mariusz Kaminski und Maciej Wasik im Präsidentenpalast und posierte mit ihnen gelassen für ein Foto. Als diese später von Sicherheitskräften verhaftet wurden, unterbrach Duda sein Treffen mit der belarussischen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja.
Vor der Haftanstalt starteten PiS-Abgeordnete einen Protest, darunter Parteichef Jaroslaw Kaczynski. Dieser bezeichnete Kaminski und Wasik als „politische Gefangene". Damit versucht die PiS, das Vorgehen gegen ihre Abgeordneten als politische Hexenjagd, als rechtswidrigen Racheakt der Tusk-Regierung darzustellen - und unterschlägt, dass Wasik und Kaminski für ein viel länger zurückliegendes Vergehen belangt werden.
Der ehemalige Innenminister und sein Staatssekretär hatten 2007 als Leiter der Anti-Korruptionsbehörde ihre Befugnisse überschritten und wurden dafür rechtmäßig verurteilt.
Ihrer Verhaftung vorausgegangen war ein wochenlanges Wirrwarr um ihren Status als Abgeordnete, den verschiedene Gerichte verschieden auslegten. Damit zeigte sich einmal mehr, welch zersetzendes Chaos die Justiz-Eingriffe der PiS hinterlassen haben. Und die Causa ist mit der Verhaftung nicht abgeschlossen.
Da nun im Parlament zwei Abgeordnete fehlen, könnte die PiS fortan die gesamte Legitimität des Sejm abstreiten. Parlamentspräsident Szymon Holownia hat aufgrund der Krise erste Sejm-Sitzungen ausgesetzt, obwohl dringend der Haushalt für das laufende Jahr beschlossen werden müsste.
Die PiS und Duda haben gezeigt, dass sie selbst eine Staatskrise in Kauf nehmen, um ihre Leute und ihre Macht zu schützen. Für Donnerstag hat die PiS zu einem Protest aller „freien Polen" vor dem Parlament aufgerufen. Dann wird sich zeigen, ob ihr Narrativ verfängt - oder ob die PiS mit ihren Spielchen den Anschluss zu den „einfachen Polen" verloren hat, für deren Interessen sie einst angetreten war.
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